Wirtschaftliche Rahmen­bedingungen im Jahr 2020

Wir erwarten, dass die konjunkturelle Unsicherheit 2020 sehr hoch sein wird und Nachfrage- und Produktionsausfälle im Zusammenhang mit dem Ausbruch des Coronavirus das globale Wachstum erheblich belasten. Die Weltwirtschaft wird mit 2,0 % voraussichtlich deutlich langsamer wachsen als 2019 (+2,6 %). In der Europäischen Union (EU) 1 sollte sich die Konjunktur in den meisten Mitgliedsländern weiter abschwächen. Auch für die USA gehen wir von einer nachlassenden Dynamik aus, da die Steuerimpulse auslaufen und die Beschäftigungszuwächse kleiner werden sollten. Die Schwellenländer Asiens werden voraussichtlich deutlich langsamer wachsen, da sich das Wachstum in China im ersten Halbjahr erheblich abschwächt. Wir unterstellen eine weiterhin fragile Konjunktur in Südamerika und rechnen allenfalls mit einer schwachen Erholung. Für die globale Chemieproduktion prognostizieren wir im Jahr 2020 mit 1,2 % ein Wachstum deutlich unter dem Niveau von 2019 (+1,8 %). Für 2020 rechnen wir mit einem durchschnittlichen Ölpreis der Referenzrohölsorte Brent von 60 US$/Barrel und einem Wechselkurs von 1,15 US$/€.

Entwicklung der Weltwirtschaft im Jahr 2020

  • Wachstum in der EU und den USA voraussichtlich geringer
  • Weitere Abschwächung des Wachstums in China erwartet
  • Schwache Erholung in Südamerika

Für die EU gehen wir insgesamt von einer weiteren Abschwächung der Wachstumsdynamik aus. In Deutschland, Frankreich und Spanien rechnen wir mit geringeren Wachstumsraten. Für Italien unterstellen wir einen leichten Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Zu dieser Entwicklung trägt neben einer zyklischen Konjunkturschwäche die geringere Nachfrage Chinas nach europäischen Investitionsgütern und Kraftfahrzeugen bei. Im Vereinigten Königreich bleibt die Unsicherheit über die Bedingungen und Folgen des Austritts aus der EU hoch, was die Investitionsdynamik dämpfen wird. Wir erwarten daher eine deutliche Abschwächung des Wirtschaftswachstums. Die Konjunkturdynamik in den osteuropäischen EU-Ländern wird sich voraussichtlich ebenfalls verringern; sie sollte aber dank steigender Realeinkommen im Vergleich zu Westeuropa hoch bleiben.

Für die USA gehen wir von einem allmählichen Nachlassen des Wachstums aus. Der private Konsum wird vermutlich weiterhin von der guten Beschäftigungslage und zunehmenden Einkommen gestützt, allerdings nimmt der Beschäftigungszuwachs tendenziell ab. Die Investitionsdynamik in der Industrie dürfte weiter zurückgehen, da die anfänglichen Impulse der Steuerreform auslaufen und die Kapazitätsauslastung vielfach unterdurchschnittlich ist. Auch der Handelskonflikt mit China wird das Wachstum vermutlich weiter belasten, da gegenwärtig nicht damit zu rechnen ist, dass die im Jahresverlauf 2019 eingeführten zusätzlichen Zölle weitgehend zurückgenommen werden. US-Vorleistungsimporte aus China werden damit verteuert und die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der US-Exporteure in China verringert sich. Hinzu kommen die Belastungen für die Exporteure, die vom anhaltend starken US-Dollar ausgehen.

In den asiatischen Schwellenländern wird sich das Wachstum voraussichtlich deutlich verringern. Wir erwarten, dass die Nachfrage und die Produktion in China wegen des Ausbruchs des Coronavirus erheblich schwächer als im Vorjahr zunehmen werden. Der damit einhergehende geringere Importbedarf Chinas wird auch die Konjunktur in den asiatischen Nachbarländern belasten. Darüber hinaus führen Produktionseinschränkungen in China möglicherweise zu Unterbrechungen in den Nachbarländern, da die Wertschöpfungsketten innerhalb Asiens besonders eng verflochten sind. Vor diesem Hintergrund erwarten wir eine deutliche Abschwächung des Wachstums in China auf 4,5 %. Für Indien rechnen wir in diesem Umfeld mit einer gleichbleibenden, vergleichsweise niedrigen Wachstumsrate von unter 5 %. Die als Gegenmaßnahme vorgenommene Unternehmenssteuersenkung sollte im international herausfordernden Umfeld erst mit Zeitverzögerung greifen.

Für Japan prognostizieren wir ein stagnierendes BIP. Der private Konsum wird nach der Erhöhung der Konsumsteuern im Oktober 2019 voraussichtlich gedämpft bleiben. Auch von den Exporten und Investitionen sind im insgesamt schwachen konjunkturellen Umfeld keine starken Impulse zu erwarten. Allerdings hat die Regierung ein Paket an fiskalischen Maßnahmen beschlossen, um negative Effekte der Steuererhöhung abzumildern und das Abgleiten in eine Rezession zu vermeiden.

In Südamerika deuten die konjunkturellen Frühindikatoren auf eine weitere Erholung in Brasilien hin. In Argentinien wird sich die Rezession dagegen voraussichtlich fortsetzen. Insgesamt bleibt der Ausblick unsicher vor dem Hintergrund der sozialen Konflikte, die sich in mehreren Ländern der Region deutlich verschärft haben. Eine geringere Nachfrage Chinas belastet darüber hinaus voraussichtlich die Rohstoffexporteure der Region. Wir erwarten daher nur eine schwache Erholung der gesamtwirtschaftlichen Aktivität.

1 Im restlichen Kapitel bezieht sich EU auf EU 27 und Vereinigtes Königreich.

Ausblick zum Bruttoinlandsprodukt 2020

reale Veränderung gegenüber Vorjahr

Ausblick zum Bruttoinlandsprodukt 2020 (Reale Veränderung gegenüber Vorjahr) (Balkendiagramm)
Trends Bruttoinlandsprodukt 2020 – 2022

reale jährliche Veränderung im Durchschnitt

Trends Bruttoinlandsprodukt 2020–2022 (Reale jährliche Veränderung im Durchschnitt) (Balkendiagramm)