Brief des Vorstandsvorsitzenden

Martin Brudermüller, Vorstandsvorsitzender der BASF SE (Foto)

Sehr geehrte Aktionärin, sehr geehrter Aktionär,

ich freue mich, Ihnen zum ersten Mal als Vorstandsvorsitzender und Chief Technology Officer der BASF unseren Geschäftsbericht vorzustellen. Meine neue Verantwortung macht mich dankbar und motiviert – schlägt mein Herz doch seit drei Jahrzehnten für dieses Unternehmen. Ob Klimawandel, Urbanisierung oder Mobilität: Wir haben Antworten auf gesellschaftliche Herausforderungen. Wir haben ein großartiges Team, das erlebe ich jeden Tag – ein Team mit Leidenschaft für Innovationen aus der Chemie. Unser Anspruch ist klar: BASF soll auch in Zukunft das global führende Unternehmen der Chemieindustrie sein. Wir wollen erste Wahl für unsere Kunden sein und jeden Tag aufs Neue überzeugen.

Der Blick auf unsere Geschäftszahlen 2018 zeigt, dass wir im vergangenen Jahr unsere Ergebnisziele nicht erreicht haben. Wir haben 2018 einen Umsatz von 62,7 Milliarden € erzielt. Das ist ein Plus von 2 % im Vergleich zum Vorjahr. Unser EBIT vor Sondereinflüssen ging auf 6,4 Milliarden € zurück. Das ist ein Minus von 17 % im Vergleich zu 2017. Der Cashflow aus betrieblicher Tätigkeit liegt bei 7,9 Milliarden €, 10 % unter Vorjahr, der Free Cashflow bei 4,0 Milliarden € nach 4,8 Milliarden € im Vorjahr.

Was sind die Gründe hierfür? Zwei Drittel des Ergebnisrückgangs entfallen 2018 auf das Segment Chemicals. Die Preise für Isocyanate sind stark gesunken und die Crackermargen fielen in allen Regionen geringer aus als erwartet. Im zweiten Halbjahr hat uns ganz besonders der niedrige Wasserstand im Rhein zu schaffen gemacht. Unsere Rohstoffversorgung über die Binnenschifffahrt kam am Standort Ludwigshafen teilweise vollständig zum Erliegen. Infolgedessen mussten wir die Auslastung unserer Anlagen reduzieren. Das allein hat uns rund 250 Millionen € beim Ergebnis gekostet.

Hinzu kommt, dass wir im zweiten Halbjahr deutlich eine wirtschaftliche Abkühlung in den für uns wichtigen Märkten gespürt haben, vor allem in der Automobilindustrie. Auch die Nachfrage unserer Kunden in China verringerte sich deutlich. Der Handelskonflikt zwischen den USA und China trug zu dieser Verlangsamung bei.

Der Blick auf die BASF-Aktie zeigt, dass die Kursentwicklung durch den deutlichen Ergebnisrückgang gegenüber dem Vorjahr und auch von den unvorteilhaften makroökonomischen und geopolitischen Entwicklungen belastet wurde. Unser Aktienkurs lag Ende des Jahres 2018 bei 60,40 €. Gegenüber dem Schlusskurs des Vorjahres ist das ein Rückgang um 34 %.

Wir sind weder mit den Ergebnissen des Geschäftsjahres 2018 noch mit der Entwicklung unseres Aktienkurses zufrieden. Wir wissen, dass wir mehr können.

Dabei wird unser Umfeld im Jahr 2019 nicht einfacher werden. Die politischen und volkswirtschaftlichen Risiken haben zugenommen. Die geopolitischen Spannungen und Handelskonflikte, insbesondere zwischen den USA und China, werden andauern. Wir rechnen daher mit einem leichten Rückgang des globalen Wirtschaftswachstums. Die globale Chemieproduktion wird jedoch voraussichtlich in etwa so stark wachsen wie 2018.

„2018 haben wir unsere Strategie weiterentwickelt. Unsere Strategie setzt auf Wachstum.“

Wie gehen wir damit um? Wir haben bereits im vergangenen Jahr intensiv daran gearbeitet, BASF fit für die Zukunft zu machen. Deshalb haben wir 2018 unsere Strategie weiterentwickelt, die wir im November vorgestellt haben. Mit den erarbeiteten Maßnahmen sind wir auch auf stärkeren Gegenwind gut vorbereitet.

Unsere Strategie setzt auf Wachstum: Dabei wollen wir profitabel und nachhaltig wachsen. Wir investieren dort, wo wir Chancen für Wachstum sehen. Zugleich werden wir konsequent weiter Kosten reduzieren, wo es sinnvoll ist. Bei allem, was wir tun, leiten uns die Fragen: Wie gelingt es uns, mehr Wert für unsere Kunden, die Gesellschaft und damit auch für unsere Aktionäre zu schaffen? Wie können wir besser die Erwartungen unserer Kunden erfüllen?

„Wir wollen bis 2030 CO2-neutral wachsen und unsere Treibhausgasemissionen auf dem Niveau von 2018 halten.“

Unser Unternehmenszweck treibt uns an: „We create chemistry for a sustainable future.“ Wir sind davon überzeugt, dass wir langfristig nur erfolgreich sind, wenn wir Wert für die Gesellschaft schaffen und unsere Innovationen alle drei Aspekte von Nachhaltigkeit erfüllen: ökonomische, ökologische und soziale. Aus diesem Grund haben wir uns zusätzlich zu unseren finanziellen Zielen auch nichtfinanzielle Ziele gesetzt.

Nachhaltigkeit ist uns sehr wichtig. Wir wollen daher bis 2030 CO2-neutral wachsen und unsere Treibhausgasemissionen auf dem Niveau von 2018 halten. Das ist sehr ambitioniert, da wir seit 1990 unsere absoluten Emissionen bei gleichzeitiger Verdopplung unseres Produktionsvolumens bereits halbiert haben. Die meisten Potenziale zur Optimierung haben wir bereits erschlossen. Deshalb entwickeln wir im Rahmen unseres Carbon Management Programms neue CO2-ärmere Technologien.

„Ein Ziel von uns ist es, bis 2025 rund 22 Milliarden € Umsatz mit Accelerator-Produkten zu erzielen.“

Ein weiteres Ziel von BASF ist es daher, bis 2025 rund 22 Milliarden € Umsatz mit Accelerator-Produkten zu erzielen. Das sind innovative Produkte, die entscheidend zur Nachhaltigkeit in der Wertschöpfungskette beitragen. Wir engagieren uns deshalb im UN Global Compact und unterstützen die Ziele der UN zur Nachhaltigkeit. BASF ist Gründungsmitglied der Responsible Cobalt Initiative und der Global Battery Alliance des Weltwirtschaftsforums. Diese Initiativen haben Unternehmen 2017 mit internationalen Organisationen wie der OECD und UNICEF ins Leben gerufen, um gemeinsam Herausforderungen in der Lieferkette von Batteriematerialien anzugehen.

Mit unserem ChemCycling-Projekt wollen wir Kunststoffabfälle, die nicht werkstofflich recycelt werden können, als Rohmaterial einsetzen. Dadurch verbrauchen wir weniger fossile Rohstoffe. Wir wollen Vorreiter bei Nachhaltigkeit in der chemischen Industrie sein. Denn Nachhaltigkeit ist auch ein entscheidendes Wachstumsfeld für BASF. Hier wollen wir unsere Chancen konsequent nutzen.

Mit unserer neuen Strategie haben wir weitere Prioritäten definiert: Operative Exzellenz, Digitalisierung, Innovation, Portfoliomanagement und Mitarbeiter. In jedem dieser Handlungsfelder wollen wir Maßstäbe setzen und Taktgeber in der Branche sein. BASF steht für einen sicheren und zuverlässigen Betrieb von Chemieanlagen. Mit Operativer Exzellenz wollen wir zu neuer Stärke gelangen und führender Anlagenbetreiber sein. Um das zu erreichen, investieren wir 400 Millionen € pro Jahr in die Optimierung unserer Anlagen – mehr als je zuvor. Außerdem planen wir, 350 Produktionsanlagen bis 2022 zu digitalisieren. Wir beschleunigen den digitalen Wandel in der BASF und bauen unsere digitale Kompetenz aus. Das heißt, wir werden schneller, effizienter und effektiver. Das ist unsere Vision von interner Zusammenarbeit ganz für unsere Kunden: mit flexibleren und einfacheren Abläufen sowie agileren Strukturen die Erwartungen unserer Kunden noch besser erfüllen. Dafür werden wir auch organisatorische Veränderungen vornehmen. Das bedeutet, dass viele Mitarbeiter aus zentralen Einheiten in die Unternehmensbereiche wechseln, um so näher am Kunden zu arbeiten.

Als Wissenschaftler begeistern mich immer wieder die Kreativität und die Ideen unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wir verfügen über einzigartige Kompetenzen, Innovationskraft und Ressourcen, die BASF zum weltweit führenden Chemieunternehmen gemacht haben. Wir wollen jedoch noch besser werden und unseren Umsatz mit Innovationen steigern. Dazu gehören die Arbeit an Sprunginnovationen, die Entwicklung neuer Innovationsstrategien und Strukturen, die unsere Mitarbeiter in der Forschung und Entwicklung näher an die Märkte und Kunden bringen.

Mit Innovationen entwickeln wir auch unser Portfolio weiter, ebenso mit Investitionen und, wo es sinnvoll und nötig ist, auch mit gezielten Akquisitionen und Devestitionen. Unser Ziel ist es, jeden unserer Geschäftsbereiche so aufzustellen, dass er sich im Wettbewerb erfolgreich behaupten kann. So haben wir 2018 den Kauf wesentlicher Teile des Geschäfts mit Pflanzenschutzmitteln und Saatgut von Bayer abgeschlossen. Wir sind damit weltweit der viertgrößte Hersteller von Pflanzenschutz und Saatgut – und genauso gut und ambitioniert wie unsere Wettbewerber. Mit dieser Transaktion haben wir neue Innovationskapazitäten und Größenvorteile dazugewonnen.

„Wir setzen mit unserer neuen Strategie auf die Vorteile unseres Verbunds und machen ihn noch stärker.“

Im Mittelpunkt unseres Portfolios bleibt unser Verbund. Wir setzen mit unserer neuen Strategie auch in Zukunft auf seine Vorteile, und wir machen ihn noch stärker. Wir investieren daher vor allem mit eigenen Anlagen in Wachstumsmärkten in unsere Zukunft. Mit unserem großen Investitionsprojekt im südchinesischen Guangdong beabsichtigen wir, einen neuen BASF-Verbundstandort im größten Chemiemarkt der Welt zu bauen. Mit der Provinzregierung haben wir Anfang 2019 eine Vereinbarung unterzeichnet. Die Investitionssumme schätzen wir auf rund 10 Milliarden US$ bis zum Abschluss des Projekts, das im alleinigen Besitz von BASF realisiert werden soll.

Im Januar 2019 haben wir mit der indischen Adani Group eine Absichtserklärung über eine Großinvestition in die Acryl-Wertschöpfungskette in Indien unterzeichnet. Wir würden damit nicht nur unsere Präsenz in einem stark wachsenden Markt ausbauen; gleichzeitig würde die Produktionsstätte im Hafen von Mundra unser erster CO2-neutraler Standort werden, der vollständig mit erneuerbaren Energien betrieben wird.

Welche finanziellen Ziele haben wir uns mit unserer neuen Strategie gesetzt? Wir wollen stärker als der Markt und profitabel wachsen. Wir wollen das EBITDA vor Sondereinflüssen der BASF um 3 bis 5 % jährlich steigern und jedes Jahr eine Kapitalrendite (ROCE) erzielen, die deutlich über dem Kapitalkostensatz liegt. Für unsere Anteilseigner wollen wir im Vergleich zur chemischen Industrie überdurchschnittlichen Wert schaffen und die Dividende pro Aktie jährlich steigern.

Wir stehen zu unserer anspruchsvollen Dividendenpolitik und schlagen der Hauptversammlung für das Geschäftsjahr 2018 eine um 10 Cent auf 3,20 € erhöhte Dividende je Aktie vor. Die BASF-Aktie bietet damit eine Dividendenrendite von 5,3 % auf Basis des Kurses am Jahresende 2018. In Summe planen wir, 2,9 Milliarden € an unsere Aktionäre auszuschütten.

„Wir haben die richtige Strategie, die Kompetenzen und die Leidenschaft, die es braucht, um BASF zukunftsfest zu machen.“

Den Erfolg von BASF erarbeiten unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie setzen sich mit großem Engagement für das Unternehmen ein. Für diese großartige Teamleistung und die Verbundenheit mit BASF bedanke ich mich im Namen des gesamten Vorstands.

2019 wird ein äußerst anspruchsvolles Jahr der Transformation – ökonomisch, politisch und strategisch: Es wird ein Jahr, in dem wir BASF mit unserer Strategie agiler, flexibler und kundenorientierter machen. Zugleich werden wir die Balance halten: zwischen strukturellen Neuerungen und dem Beibehalten von Bewährtem, zwischen Einsparungen und Investitionen in die Zukunft. Wir wollen unsere betriebsinternen Veränderungen bis Ende 2019 umsetzen. Das erfordert Fokus, Energie und Stärke. Und das alles haben wir.

Wir haben die richtige Strategie, die Kompetenzen und die Leidenschaft, die es braucht, um BASF zukunftsfest zu machen – und deshalb bin ich optimistisch.

Ich bin davon überzeugt, dass BASF auch in Zukunft das global führende Unternehmen der Branche sein wird. Daran arbeiten wir alle zusammen bei BASF. Das ist unsere Ambition. Ich freue mich, dass Sie, liebe Aktionärinnen und Aktionäre, uns auf diesem Weg begleiten.

Ihr

Martin Brudermüller