Wirtschaftliche Rahmenbedingungen 1 Die Weltwirtschaft wuchs 2020 erheblich schwächer als zu Jahresbeginn von uns erwartet. Die Corona-Pandemie führte im ersten Halbjahr 2020 zum bisher stärksten Konjunktureinbruch in der Nachkriegszeit. Nach einer Erholung im dritten Quartal kam es im vierten Quartal erneut zu steigenden Infektionszahlen und behördlichen Beschränkungen in vielen Ländern, die die wirtschaftlichen Aktivitäten dämpften. Das globale Bruttoinlandsprodukt (BIP) sank um 3,7 % gegenüber dem Vorjahr (2019: +2,5 %). Die Industrieproduktion nahm um 4,0 % ab (2019: +1,8 %). Die globale Chemieproduktion ging um 0,4 % zurück (2019: +1,9 %). Der durchschnittliche Preis der Referenzrohölsorte Brent verringerte sich auf 42 US$/Barrel (2019: 64 US$/Barrel). Prognose der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Jahr 2021 Weltwirtschaftliche Entwicklung 2020 Aufgrund von angebotsseitigen Störungen und Nachfragerückgängen infolge der Corona-Pandemie nahm das globale Bruttoinlandsprodukt 2020 um 3,7 % ab. Auf einen starken Rückgang der wirtschaftlichen Aktivität in China im Januar und Februar folgten ab März entsprechende Einbrüche im Rest der Welt. Behördliche Anordnungen und Unterbrechungen in den global vernetzten Wertschöpfungsketten beeinträchtigten die Produktion vieler Unternehmen. Onlinekäufe konnten die gesunkene Nachfrage im stationären Handel nicht vollständig kompensieren. Darüber hinaus brachen die Umsätze im Tourismus, im Gastgewerbe und im Kultursektor vorübergehend deutlich ein. Die damit verbundenen Einbußen führten zu einem Rückgang der Einkommen und der Vorleistungsnachfrage in diesen Sektoren. Ein schnelles und starkes Eingreifen der Zentralbanken und Regierungen verhinderte den Zusammenbruch der Weltwirtschaft und der Finanzmärkte in dieser außergewöhnlichen Situation. Nach einem dynamischen Aufschwung im dritten Quartal 2020 erforderten steigende Infektionsraten ab Oktober jedoch wieder Einschränkungen der wirtschaftlichen Aktivität, insbesondere in Europa. Bruttoinlandsprodukt reale Veränderung gegenüber Vorjahr 1 Sämtliche Angaben in diesem Kapitel, die sich auf zurückliegende Jahre beziehen, können aufgrund von statistischen Revisionen vom Vorjahresbericht abweichen. Soweit verfügbar, werden gesamtwirtschaftliche Wachstumsraten kalenderbereinigt angegeben. Für das Jahr 2020 noch nicht vollständig vorliegende Werte wurden geschätzt. 2 Im restlichen Kapitel bezieht sich EU auf EU 27. 3 Zu den Schwellenländern Asiens zählen wir Greater China, die ASEAN-Staaten (Brunei, Indonesien, Malaysia, Myanmar, Kambodscha, Laos, die Philippinen, Singapur, Thailand, Vietnam), Indien, Pakistan und Bangladesch. Entwicklung der Wirtschaft nach Regionen Stärkster Rückgang des BIP in der Nachkriegszeit Schwere Rezession in der EU und Nordamerika, leichtes Wachstum in China Abwertung der Wechselkurse in Schwellenländern In der Europäischen Union (EU) ging das BIP um 6,4 % zurück (2019: +1,6 %). Besonders stark waren die südwesteuropäischen Länder betroffen: Infolge hoher Infektionszahlen wurden harte Lockdowns verordnet. In Frankreich sank das BIP um 8,3 %, in Italien um 8,8 % und in Spanien sogar um 11,0 %. In Deutschland nahm das BIP ebenfalls deutlich, aber weniger stark, um 5,3 % ab. Gründe für den weniger starken Rückgang waren, dass die Exportwirtschaft von der Erholung in China profitierte und der private Verbrauch geringere Einbußen verzeichnete. Das Vereinigte Königreich war mit einem Rückgang des BIP um 9,9 % (2019: +1,4 %) betroffen, bedingt durch spät ergriffene, dafür aber strengere und länger beibehaltene Maßnahmen zur Eindämmung der Infektionszahlen. Die osteuropäischen EU-Länder verzeichneten nach einem wirtschaftlichen Einbruch im Frühjahr und einer dynamischen Erholung im dritten Quartal anschließend wieder stark steigende Infektionszahlen. Die Regierungen verhängten daraufhin neue Teil-Lockdowns, die sich vor allem im Dienstleistungssektor negativ auswirkten. Insgesamt verringerte sich das BIP in den osteuropäischen EU-Ländern 2020 um 4,4 % (2019: +3,8 %). In Russland sank das BIP um 3,1 % (2019: +1,3 %). Steigende Infektionszahlen seit Mitte September sowie die geringe Nachfrage nach Energierohstoffen und Förderkürzungen für Öl belasteten die russische Industrieproduktion. Dadurch wurde die konjunkturelle Erholung, die im dritten Quartal einsetzte und maßgeblich vom privaten Verbrauch getragen wurde, gedämpft. In den USA verlief die Konjunkturentwicklung sehr volatil. Hier machte sich die Krise in einem sprunghaften Anstieg der Arbeitslosenquote von 3,5 % am Jahresanfang auf 14,8 % im April 2020 bemerkbar. Staatliche Hilfen ergänzten die Arbeitslosenunterstützung in erheblichem Umfang, so dass die privaten Einkommen insgesamt stiegen. Im Ergebnis blieben die privaten Konsumausgaben für Güter weitgehend stabil, während der Konsum von Dienstleistungen vorübergehend deutlich eingeschränkt war. Im zweiten Halbjahr 2020 führte die Lockerung der Auflagen in vielen Bundesstaaten zu einer deutlichen Erholung und einer Halbierung der Arbeitslosenquote. Insgesamt sank das BIP in den USA um 3,5 % (2019: +2,2 %). In den Schwellenländern Asiens wirkte sich die Corona-Pandemie unterschiedlich aus. In China sank die Wirtschaftsleistung bereits im ersten Quartal 2020 erheblich. Eine dynamische konjunkturelle Erholung begann aber bereits im zweiten Quartal 2020 und setzte sich im zweiten Halbjahr fort. Besonders schnell erholten sich die Industrieproduktion und die Exportnachfrage, die inländische Konsumnachfrage reagierte erst mit Verzögerung. Als einzige große Volkswirtschaft konnte China im Jahr 2020 ein Wachstum von 2,3 % erzielen (2019: +6,0 %). In Indien ging das BIP dagegen infolge eines mehrmonatigen Lockdowns um 8,0 % zurück (2019: +4,2 %). Auch hier folgte auf einen starken Einbruch ein deutlicher Aufschwung in der zweiten Jahreshälfte. In den anderen asiatischen Schwellenländern sank das BIP durchschnittlich um rund 3 %. Die Unterschiede zwischen den Ländern waren dabei erheblich. Japan und Südkorea verzeichneten insgesamt vergleichsweise geringe Infektionszahlen. Auch dort nahmen aber die Inlands- und Auslandsnachfrage vorübergehend deutlich ab. In Japan sank das BIP um 4,8 % (2019: +0,3 %), in Südkorea dämpften steigende Staatsausgaben und Investitionen den Rückgang des BIP auf nur –1,0 % (2019: +2,0 %). Die Region Südamerika wurde von der Corona-Pandemie schwer getroffen. In Brasilien wurde die Wirtschaft durch starke finanzielle Impulse gestützt, nach regionalen Lockerungen von Beschränkungen setzte eine Erholung des Wirtschaftswachstums in der zweiten Jahreshälfte ein. Der Anstieg der Staatsschulden und steigende Inflationsraten führten zu einer deutlichen Abwertung des brasilianischen Real. Das BIP Brasiliens ging um 4,6 % zurück (2019: +1,4 %). In Argentinien brach die Wirtschaftsleistung 2020 infolge eines strikten Lockdowns im Frühjahr mit 10,4 % deutlich stärker ein (2019: –2,1 %). Der Spielraum für staatliche Hilfen war angesichts der erneuten Schuldenkrise des Landes gering. Inflationsraten von über 40 % belasteten den privaten Verbrauch, der argentinische Peso verlor rund die Hälfte seines Werts. In den übrigen südamerikanischen Ländern blieben die Wechselkurse stabiler. Die Einbußen des BIP aufgrund von Lockdowns und geringerer Exportnachfrage variierten erheblich und lagen zwischen –4,8 % in Uruguay und –11,9 % in Peru. Insgesamt sank das BIP in Südamerika um 6,6 % (2019: +0,9 %). 4 4 Venezuela wurde nicht berücksichtigt. zurück weiter