Wirtschaftliche Rahmenbedingungen

Die Weltwirtschaft wuchs 2019 schwächer als zu Jahresbeginn von uns erwartet.1 Insbesondere die Industrieproduktion blieb deutlich hinter unseren Annahmen zurück. Vor dem Hintergrund hoher politischer Unsicherheit und zunehmender Handelsbarrieren stieg das globale Bruttoinlandsprodukt (BIP) nur um 2,6 % und damit deutlich langsamer als 2018 (+3,2 %). Das Wachstum der gesamten Industrie schwächte sich wesentlich stärker auf nur noch 1,5 % ab (2018: +3,1 %). Deshalb wuchs auch die Chemieproduktion (ohne Pharma) mit 1,8 % erheblich langsamer als im Vorjahr (2018: +2,8 %). Der durchschnittliche Preis der Referenzrohölsorte Brent sank auf 64 US$/Barrel (2018: 71 US$/Barrel).

1 Sämtliche Angaben in diesem Kapitel, die sich auf zurückliegende Jahre beziehen, können aufgrund von statistischen Revisionen vom Vorjahresbericht abweichen.

Weltwirtschaftliche Entwicklung 2019

Das globale Wachstum des BIP lag mit 2,6 % deutlich unter dem Vorjahreswert, blieb allerdings nur dank einer stabilen Dienstleistungskonjunktur geringfügig unter den Erwartungen zu Jahresbeginn (Prognose: +2,8 %). Das Wachstum der Industrie verringerte sich erheblich stärker. Die Eskalation des Handelsstreits zwischen den USA und China sowie die fortwährende Unsicherheit über Zeitpunkt und Bedingungen des Brexits dämpften die Nachfrage nach Investitionsgütern, dauerhaften Konsumgütern und deren Vorleistungen aus der chemischen Industrie. Hinzu kam ein beschleunigter Strukturwandel in der Automobilindustrie.

Bruttoinlandsprodukt

reale Veränderung gegenüber Vorjahr

Bruttoinlandsprodukt, Reale Veränderung gegenüber Vorjahr (Balkendiagramm)

Entwicklung der Wirtschaft nach Regionen

  • Schwächeres Wachstum in EU und USA
  • Volatile und schwächere Konjunkturdynamik in China
  • Krisen und niedriges Wachstum in Südamerika

In der Europäischen Union (EU) ging das BIP-Wachstum von 2,0 % im Jahr 2018 auf nur noch 1,4 % zurück. In nahezu allen EU-Ländern war das Wachstum schwächer als im Vorjahr. Der Wachstumsrückgang in Deutschland (2019: +0,6 %, 2018: +1,5 %) fiel besonders ins Gewicht. Deutschland war wegen seines hohen Wertschöpfungsanteils bei Investitionsgütern und Kraftfahrzeugen vom zyklischen Konjunkturrückgang, den handelspolitischen Verwerfungen und dem Strukturwandel in der Automobilindustrie besonders betroffen. In Italien stagnierte das BIP nahezu, nachdem es im Vorjahr noch um 0,7 % gewachsen war. In Frankreich (+1,3 %) und Spanien (+2,0 %) wirkten sich die dämpfenden Effekte schwächer aus. Trotz der Brexit-Unsicherheit blieb das Wachstum im Vereinigten Königreich weitgehend stabil (+1,4 %). Dazu trug vor allem die solide private und öffentliche Konsumnachfrage bei; Exporte und Investitionen waren dagegen schwach. Trotz ihrer engen Einbindung in die europäischen Wertschöpfungsketten wuchsen die osteuropäischen EU-Länder mit insgesamt 3,7 % erheblich stärker als der Rest der EU. Steigende Realeinkommen, ein hoher Beschäftigungsgrad, niedrige Zinsen und zunehmende öffentliche Ausgaben stützten das Wachstum und kompensierten die dämpfenden Einflüsse aus Westeuropa auf das Exportgeschäft. In Russland schwächte sich das Wachstum des BIP dagegen vor dem Hintergrund einer restriktiven Geld- und Fiskalpolitik, dementsprechend schwacher Inlandsnachfrage und eines geringen Exportwachstums auf nur noch 1,3 % ab (2018: +2,2 %).

Das Wachstum in den USA verringerte sich im Jahresverlauf, blieb aber mit insgesamt 2,3 % auf vergleichsweise hohem Niveau (2018: +2,9 %). Wesentlicher Wachstumstreiber war der private Konsum, der durch die steigende Beschäftigung und zunehmende Realeinkommen gestützt wurde. Die Investitionen nahmen wegen der nachlassenden Kapazitätsauslastung in der Industrie deutlich langsamer zu. Die Exporte stagnierten im schwachen weltwirtschaftlichen Umfeld aufgrund des eskalierenden Handelskonflikts und des damit verbundenen Rückgangs der Ausfuhren nach China.

Die Schwellenländer Asiens wuchsen insgesamt ebenfalls langsamer als 2018. In China schwächte sich die Zuwachsrate des BIP im Jahresverlauf graduell ab, auch weil sich die Effekte des Handelskonflikts mit den USA im Außenhandel zunehmend bemerkbar machten (2019: +6,1 %, 2018: +6,6 %). Die Inlandsnachfrage nahm schwächer als im Vorjahr zu. Angesichts einer stabilen Beschäftigung verzichtete die chinesische Regierung aber auf starke zusätzliche Impulse zur Konjunkturbelebung. Die Entwicklung in der chinesischen Industrie verlief sehr heterogen: Während die Produktion in der Automobilindustrie um 8,0 % zurückging, konnten die Industrien im Hochtechnologiesektor insgesamt um 8,8 % zulegen. In Indien beeinträchtigten Liquiditätsengpässe die Kreditversorgung und damit auch die Nachfrage nach Kraftfahrzeugen und Investitionsgütern. Insgesamt ging das Wachstum deutlich auf 4,8 % zurück (2018: +6,1 %). Das BIP der übrigen Schwellenländer Asiens nahm mit 3,7 % rund einen Prozentpunkt schwächer als im Vorjahr zu.

Japan konnte sein Wachstum leicht steigern. Das BIP nahm um 0,7 % zu (2018: +0,3 %). Die privaten Konsumausgaben stagnierten und die Investitionen stiegen etwas stärker als im Vorjahr. Die Entwicklung des privaten Verbrauchs wurde dabei von der Erhöhung der Umsatzsteuer um zwei Prozentpunkte im Oktober 2019 beeinflusst. Die Importe und Exporte gingen im schwächeren weltwirtschaftlichen Umfeld zurück. Neben der Abschwächung in China dämpfte der Handelskonflikt zwischen Japan und Südkorea die Entwicklung.

In der Region Südamerika ließ das Wachstum deutlich nach. In Argentinien verschärfte das unerwartet schwache Abschneiden des Amtsinhabers bei den Vorwahlen zur Präsidentschaftswahl die Wirtschaftskrise. Der Wert des argentinischen Peso halbierte sich nahezu gegenüber dem US-Dollar und die Inflationsrate stieg auf mehr als 50 %. Das BIP Argentiniens schrumpfte noch stärker als im Vorjahr (2019: –2,7 %, 2018: –2,5 %). In Brasilien befand sich die Wirtschaft auf Wachstumskurs, die Krise in Argentinien und die schwache Weltkonjunktur bremsten aber auch dort die wirtschaftliche Entwicklung (2019: +1,2 %, 2018: +1,3 %). In Chile, Peru und Bolivien dämpften soziale Unruhen das dortige Wachstum. Insgesamt schwächte sich die Zunahme des BIP in Südamerika von 1,1 % im Jahr 2018 auf 0,7 % ab.