Brief des Vorstandsvorsitzenden

Kurt Bock, Vorsitzender des Vorstands der BASF SE (Foto)

Sehr geehrte Aktionärin, sehr geehrter Aktionär,

bei Drucklegung dieses Geschäftsberichts liegt einer der turbulentesten Jahresauftakte seit Jahrzehnten hinter uns. Der Ölpreis fiel auf zeitweise unter 27 US$ je Barrel – auf den niedrigsten Preis seit 2003. Schon im Jahr 2015 hatte er sich im Jahresdurchschnitt nahezu halbiert auf noch 52 US$ je Barrel. Dieser Preiseinbruch reflektiert nicht nur ein Überangebot an Öl, sondern auch eine Abschwächung des globalen Wirtschaftswachstums, gerade in den Schwellenländern. Auch unser Aktienkurs hat unter dieser Entwicklung gelitten. Seit Jahresbeginn ging er kräftig auf unter 60 € zurück und liegt damit deutlich unter dem Höchstwert von knapp 97 € im April 2015.

Diese Zahlen belegen das Ausmaß der Verunsicherung bezüglich der weiteren Entwicklung der Weltwirtschaft. Dies führt zu berechtigten Fragen: Wie wird sich die Nachfrage nach Chemieprodukten entwickeln? Wie wirkt sich ein unter Umständen länger niedrig bleibender Ölpreis aus? Wie steuert man ein Unternehmen wie BASF in solch unruhigen und herausfordernden Zeiten?

Ein Blick auf das abgelaufene Jahr kann darauf erste Antworten geben. Wir hatten uns für 2015 vorgenommen, den Umsatz des Jahres 2014 leicht zu übertreffen und beim Ergebnis der Betriebstätigkeit (EBIT) vor Sondereinflüssen das hohe Niveau des Vorjahres zu erreichen. Ein höheres Ergebnis unserer Chemieaktivitäten sollte dazu beitragen, den erwarteten ölpreisbedingten Ergebnisrückgang im Segment Oil & Gas auszugleichen. Für diese Planung hatten wir einen Ölpreis von 60 bis 70 US$ je Barrel unterstellt.

Der Jahresbeginn 2015 bestätigte diese Ziele: Im ersten Quartal war zwar bereits eine schwächere Mengenkonjunktur zu beobachten, die Margen entwickelten sich aber erfreulich und der Ölpreis bewegte sich in Richtung der angenommenen Spanne. Allerdings waren auch erste konjunkturelle Bremsspuren zu erkennen – vor allem in den Schwellenländern. Wichtige Branchen, wie die Landwirtschaft und die Automobilindustrie, entwickelten sich schwächer als erwartet. Als relativ robust erwies sich hingegen die US-Konjunktur. Die Schwäche des Euro unterstützte die Wettbewerbsfähigkeit unserer europäischen Standorte.

„Im Chemiegeschäft hatte der Ölpreis anfangs noch eine positive Wirkung auf unsere Margen. Bald zeigte sich jedoch, dass unsere Kunden zunehmend vorsichtiger agierten.“

Im Chemiegeschäft hatte der Ölpreis anfangs noch eine positive Wirkung auf unsere Margen. Bald zeigte sich jedoch, dass unsere Kunden zunehmend vorsichtiger agierten. Sie hielten sich mit Bestellungen zurück – in Erwartung weiter sinkender Preise für Chemieprodukte. Im Jahresverlauf nahm der Druck auf die Margen zu, vor allem im vierten Quartal.

Bei einer solchen Entwicklung hilft es, auf die Stärken der BASF zu bauen, die Kosten und die Kasse unter Kontrolle zu behalten. Wir haben frühzeitig die Produktion an die schwächere Nachfrage angepasst, Vorräte abgebaut und so den Cashflow gestärkt. Wir haben unser seit 2012 laufendes Exzellenz-Programm STEP schneller als ursprünglich geplant umgesetzt und deshalb im September das neue Programm DrivE auf den Weg gebracht. Es soll ab Ende 2018 jährlich 1 Milliarde € zum Ergebnis beisteuern.

Ende des dritten Quartals konnten wir die Devestition unseres Gashandels- und Gasspeichergeschäfts an Gazprom vollziehen – ein Geschäft, das in den ersten drei Quartalen 2015 rund 10 Milliarden € Umsatz und 260 Millionen € EBIT vor Sondereinflüssen erzielt hatte. In Kombination mit dem weiter sinkenden Ölpreis war Ende Oktober erkennbar, dass wir unsere Jahresziele voraussichtlich nicht erreichen würden. Das EBIT vor Sondereinflüssen lag schließlich um 8 % unter Vorjahr, obwohl wir das Ergebnis im Chemiegeschäft wie geplant steigern konnten. Das EBIT ging um 18 % zurück, vor allem infolge einer preisbedingten Wertberichtigung von Öl-und-Gas-Assets. Damit hat uns der Ölpreis 2015 einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht.

Als Vorstand können wir mit dem Ergebnis des vergangenen Jahres nicht zufrieden sein. Gleichwohl hat sich das BASF-Team gut geschlagen. Ich danke allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Namen des Vorstands für den besonderen Einsatz in diesem herausfordernden Jahr.

„Wir stehen weiter zu unserer anspruchsvollen Dividendenpolitik und werden der Hauptversammlung wiederum eine Erhöhung der Dividende um 10 Cent auf 2,90 € je Aktie vorschlagen.“

Wir stehen weiter zu unserer anspruchsvollen Dividendenpolitik und werden der Hauptversammlung wiederum eine Erhöhung der Dividende um 10 Cent auf 2,90 € je Aktie vorschlagen. Somit würden wir nahezu 2,7 Milliarden € an unsere Aktionäre ausschütten. Auf Basis des Jahresschlusskurses 2015 von 70,72 € bietet die BASF-Aktie erneut eine hohe Dividendenrendite von rund 4,1 %.

Was erwarten wir für 2016? Wir gehen davon aus, dass der Ölpreis niedrig bleiben wird und unterstellen für unsere Planung 40 US$ je Barrel. Unser Umsatz wird deshalb und vor allem infolge der Devestition unseres Gashandels- und Gasspeichergeschäfts deutlich sinken. In unserem Chemie- und Pflanzenschutzgeschäft wollen wir den Absatz steigern und vor allem die 2015 in Betrieb genommenen Kapazitäten besser auslasten. Dies ist ein anspruchsvolles Ziel, denn unsere Märkte werden voraussichtlich etwas langsamer wachsen als 2015.

„Wir erwarten ein EBIT vor Sondereinflüssen, das leicht unter dem Wert von 2015 liegt. Das größte Risiko bleibt auch 2016 der Ölpreis.“

Wir erwarten ein EBIT vor Sondereinflüssen, das leicht unter dem Wert von 2015 liegt. Das Ergebnis im Chemie- und Pflanzenschutzgeschäft wollen wir erneut verbessern. Dies wird aber nicht ausreichen, um den massiven Ergebnisrückgang im Öl-und-Gas-Geschäft auszugleichen. Das größte Risiko bleibt auch 2016 der Ölpreis. Sollte er im Durchschnitt deutlich unter unserer Annahme von 40 US$ je Barrel verharren, so werden wir dies voraussichtlich nicht durch höhere Ergebnisse im Chemiegeschäft ausgleichen können.

Strikte Kosten- und Ausgabendisziplin werden deshalb auch 2016 Priorität haben. Dazu gehört insbesondere auch das Zurückfahren der Investitionen, die wir nach dem Anstieg der Jahre 2013 bis 2015 deutlich reduzieren werden. Eine besondere Herausforderung wird dabei die Anpassung der Ausgaben für die Entwicklung von Öl-und-Gas-Feldern sein.

Den Umbau unseres Portfolios werden wir weiter vorantreiben. Im Jahr 2015 haben wir eine Reihe kleinerer technologiegetriebener Akquisitionen vorgenommen, aber auch unser Portfolio gestrafft. Wir haben uns von Teilen unseres Pharmachemikalien- Geschäfts getrennt und bereiten derzeit den Verkauf des Arbeitsgebiets Industrielacke vor. So konzentrieren wir uns noch mehr auf die für uns besonders vielversprechenden Geschäfte. Auch künftig werden wir mögliche Akquisitionen sehr kritisch daraufhin prüfen, ob sie auch tatsächlich Wert für unsere Aktionäre schaffen. Nicht alles, was en vogue ist, erfüllt diese Anforderung.

„Forschung und Entwicklung und damit Innovationen sind der Kern unserer Wettbewerbsfähigkeit. Ziel ist, unsere Kunden immer wieder mit neuen Produkten und Lösungen zu überzeugen.“

Forschung und Entwicklung und damit Innovationen sind und bleiben der Kern unserer Wettbewerbsfähigkeit. Im Jahr 2015 haben wir unser Ziel erreicht, mit neuen und verbesserten Produkten, die seit weniger als fünf Jahren auf dem Markt sind, einen Umsatz von rund 10 Milliarden € zu erzielen. Nach einem deutlichen Anstieg der Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen in den vergangenen Jahren werden wir 2016 das Niveau des Vorjahres halten. Ziel ist, unsere Kunden immer wieder mit neuen Produkten und Lösungen zu überzeugen. Diese setzen zunehmend auf Nachhaltigkeit. Darin sehen wir Geschäftschancen, die wir durch Innovationen nutzen wollen. Den Umsatzanteil von Produkten, die in ihrer Anwendung einen besonderen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten, werden wir weiter erhöhen.

Auch in unserem 150. Jubiläumsjahr stand Innovation und dabei die Zusammenarbeit mit unseren Partnern im Mittelpunkt. Die vielfältigen Aktivitäten, die Sie auch in diesem Bericht wiederfinden, sind ein Beleg für die Dynamik unserer Branche und für die Beiträge, die die Chemie und BASF gemeinsam mit ihren Kunden für ein besseres Leben, technischen Fortschritt und effizienten Umgang mit Ressourcen leisten. Diese Kraft und Dynamik zeichnet BASF aus – bei ihrer Gründung vor 150 Jahren und auch heute.

Ihr
Kurt Bock