Brief des Vorstandsvorsitzenden

Martin Brudermüller, Vorstandsvorsitzender der BASF SE (Foto)

Sehr geehrte Aktionärin, sehr geehrter Aktionär,

2019 war nicht nur wie angekündigt ein Übergangsjahr für BASF, sondern aufgrund der Rahmenbedingungen auch ein sehr herausforderndes Jahr. In diesem ungünstigen Umfeld hat das BASF-Team unsere Unternehmensstrategie mit Entschlossenheit und Leidenschaft umgesetzt. Eine tolle Leistung! Spürbar entsteht eine neue BASF, das sagen uns viele Kunden.

Entgegen unseren Erwartungen am Jahresanfang trübte sich das wirtschaftliche Umfeld 2019 weiter ein. Handelskonflikte, politische Unsicherheiten und ein deutlicher Nachfragerückgang aus wichtigen Kundenindustrien, insbesondere der Automobilindustrie, haben unseren Geschäften zugesetzt. Die Commodities der Segmente Chemicals und Materials, insbesondere Crackerprodukte und Isocyanate, litten unter deutlich stärkeren Preisrückgängen als prognostiziert. Im Juli mussten wir deshalb unsere Ergebniserwartung zurücknehmen. Das war bitter. Unsere am Jahresanfang kommunizierten finanziellen Ziele konnten wir deshalb insgesamt nicht erreichen. Mit unserem Ergebnis sind wir daher nicht zufrieden.

Dennoch haben wir unsere Stärken in diesem herausfordernden Umfeld konsequent genutzt. In allen unseren verbrauchernahen Segmenten Industrial Solutions, Surface Technologies, Nutrition & Care sowie Agricultural Solutions haben wir trotz der schwierigen Bedingungen unser Ergebnis gegenüber Vorjahr gesteigert.

Was wir selbst in der Hand haben, sind wir angegangen. Unser Portfolio haben wir mit hohem Tempo weiter umgebaut. Mit der Umsetzung unseres Exzellenzprogramms kommen wir zügig voran. Unsere Organisation haben wir neu ausgerichtet und dabei die Verwaltung gestrafft. Verfahren und Prozesse haben wir vereinfacht und uns agiler und näher am Kunden ausgerichtet.

Mit unserer Strategie sind wir also auf dem richtigen Weg: Unsere Kunden erleben BASF neu. Mit ihnen wollen wir Wachstumschancen besser nutzen und intensiver zusammenarbeiten. Unser Unternehmenszweck – „We create chemistry for a sustainable future“ – gibt dabei die Richtung vor. Für die großen gesellschaftlichen Herausforderungen wie Klimawandel, Kreislaufwirtschaft und neue Mobilität bieten wir innovative Lösungen an.

» Mit unserer Strategie sind wir auf dem richtigen Weg: Unsere Kunden erleben BASF neu.

Unser Portfolio haben wir weiter optimiert. Mitte 2019 konnten wir die Integration der von Bayer akquirierten Geschäfte abschließen. Wir bieten den Landwirten weltweit nun ein kombiniertes Portfolio an landwirtschaftlichen Lösungen von Saatgut, Traits und Pflanzenschutz bis hin zu digitalen Angeboten. Unser globales Polyamidgeschäft haben wir mit dem Zukauf von Geschäften von Solvay ausgebaut und durch die Rückwärtsintegration in das wichtige Vorprodukt Adipodinitril (ADN) gestärkt. Anfang des Jahres 2019 haben wir mit Solenis nach Zustimmung aller zuständigen Behörden den Transfer unseres Geschäfts für Papier- und Wasserchemikalien abgeschlossen. Ende April konnten wir mit LetterOne den Zusammenschluss der Öl-und-Gas-Geschäfte von Wintershall und DEA im neuen Unternehmen Wintershall Dea vollziehen. Mit dem japanischen Unternehmen DIC haben wir im August einen Vertrag über die Veräußerung unseres globalen Pigmentgeschäfts abgeschlossen. Am Jahresende haben wir mit einer Tochtergesellschaft von Lone Star, einem globalen Private-Equity-Unternehmen, eine Vereinbarung zur Devestition unseres Bauchemiegeschäfts unterzeichnet. Die geplanten Portfoliomaßnahmen haben wir damit 2019 alle umgesetzt oder auf den Weg gebracht.

» Wir sind in China bereits heute ertragsstark und wachsen schneller als der Markt.

Wir stellen die Weichen für langfristig profitables Wachstum. Schwerpunkte setzen wir mit Investitionen in China und bei Batteriematerialien. Bis 2030 werden rund zwei Drittel des Wachstums der globalen Chemieproduktion aus China kommen. Das Land wird dann rund 50 % des Weltmarkts ausmachen. Wir sind in China bereits heute ertragsstark und wachsen schneller als der Markt. Zwischen 2015 und 2019 ist die Chemieproduktion global mit 3 % und in China mit 5 % jährlich gewachsen. Wir konnten unseren Absatz in China um 7 % pro Jahr steigern. Unser EBITDA – das Ergebnis unserer Betriebstätigkeit vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen – haben wir dabei um jährlich 30 % auf mehr als 1 Milliarde € gesteigert. Mit unserer Investition von rund 10 Milliarden US$ in einen voll integrierten Verbundstandort in Zhanjiang in der Provinz Guangdong werden wir unsere führende Position als westliches Chemieunternehmen auf dem wichtigsten Chemiemarkt der Welt ausbauen. Baubeginn war 2019, erste Anlagen sollen 2022 in Betrieb gehen.

Unser zweiter Wachstumsschwerpunkt ist die Elektromobilität. Denn mit ihr entsteht ein neuer großer Markt für Batteriematerialien, der mit zweistelliger Rate wächst. Kathodenmaterialien machen bis zu 70 % der Materialkosten einer Batteriezelle aus. BASF ist bereits heute ein etablierter Lieferant. Mit unseren Investitionen im finnischen Harjavalta und in Schwarzheide in Deutschland legen wir als erstes Unternehmen den Grundstein für eine europäische Wertschöpfungskette bei Batteriematerialien. Wir erhalten dafür staatliche Förderung im Rahmen eines sogenannten Important Project of Common European Interest (kurz IPCEI), weil die Elektromobilität im besonderen Interesse Europas liegt. BASF wird mit Anlaufen der Produktion in Finnland und Deutschland das einzige Unternehmen mit Produktion von Batteriematerialien in Asien, Nordamerika und Europa sein. Wir wollen in diesem Markt überdurchschnittlich wachsen.

Um globale Herausforderungen meistern zu können, braucht unsere Gesellschaft mehr als je zuvor Innovationen aus der Chemie. Innovationen und Nachhaltigkeit gehören bei BASF untrennbar zusammen. Viele unserer Innovationen tragen zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen bei. Diese Ziele setzen für uns den Rahmen für nachhaltiges Wirtschaften auf ökonomischer, ökologischer und gesellschaftlicher Ebene. Wir wollen Umsatz und Ergebnis mit neuen und verbesserten Produkten weiter deutlich steigern – vor allem mit Accelerator-Produkten, die gegenüber dem Wettbewerb einen besonderen Beitrag zur Nachhaltigkeit in der Wertschöpfungskette leisten. Bis zum Jahr 2025 wollen wir mit ihnen 22 Milliarden € Umsatz erzielen. 2019 haben wir den Umsatz mit Accelerator-Produkten um 5 % auf 15 Milliarden € erhöht. Prominente Accelerator-Beispiele sind unsere Batteriematerialien für die Elektromobilität, Automobilkatalysatoren und Materialien zur Wärmedämmung von Gebäuden. Sie tragen entscheidend dazu bei, CO2-Emissionen bis hin zum Endverbraucher zu vermindern oder zu vermeiden.

» Innovationen und Nachhaltigkeit gehören bei BASF untrennbar zusammen.

Klimaschutz und Kreislaufwirtschaft sind wichtige Themen in Politik und Gesellschaft. Wir müssen alle unseren Beitrag für weniger CO2-Emissionen leisten. BASF bekennt sich dazu. Aus diesem Grund haben wir uns mit unserer Strategie ein klares Ziel gesetzt: Bis 2030 wollen wir CO2-neutral wachsen. Das ist ambitioniert. Wir sind damit Vorreiter in unserer Industrie und erzielen gute Fortschritte mit Maßnahmen und Innovationen unseres Carbon Management Programms. Mit innovativen Technologien und alternativen Rohstoffpfaden wollen wir die Zukunft emissionsärmer gestalten. Dazu trägt auch unser ChemCyclingTM-Projekt bei. Kunststoffabfälle wollen wir zukünftig als Rohstoff in unserer Produktion einsetzen. Damit stärken wir mit eigenen Initiativen die Kreislaufwirtschaft. Als Gründungsmitglied der Alliance to End Plastic Waste kooperieren wir mit mehr als 40 anderen Firmen entlang der Wertschöpfungskette, um Plastikabfälle sinnvoll zu nutzen. Die Allianz wird innerhalb von fünf Jahren 1,5 Milliarden US$ investieren, um Lösungen für dieses globale Problem zu entwickeln und umzusetzen.

Mit dem „Green Deal“ verfolgt die neue EU-Kommission ehrgeizige Klimaziele. Alle Kräfte müssen zusammenwirken, um diese zu realisieren. Dafür entwickeln wir innovative Technologien, beispielsweise zur Elektrifizierung von Chemieanlagen. Deren wirtschaftliche Umsetzung erfordert jedoch deutlich veränderte Rahmenbedingungen durch die Politik. Nur so kann die Industrie bei dieser Transformation ihre Wettbewerbsfähigkeit erhalten. Insbesondere brauchen wir eine bessere Förderung von Zukunftstechnologien und eine konkurrenzfähige und sichere Energieversorgung in Deutschland und Europa. Dazu benötigen wir große Mengen an regenerativem Strom im industriellen Maßstab zu international vergleichbaren Preisen.

Die Erfolge von BASF erarbeiten unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Für ihren kompetenten und leidenschaftlichen Einsatz danke ich ihnen von Herzen im Namen des gesamten Vorstands. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, dass mehr als 80 % unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sagen, dass sie sich bei BASF entfalten und ihre bestmögliche Leistung erbringen können. In unserer globalen Mitarbeiterbefragung 2019 haben 79 % der Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieser Aussage zugestimmt. Das ist angesichts der laufenden Veränderungsprozesse ein sehr erfreuliches Ergebnis. Positiv ist auch die Entwicklung von Frauen in Führungspositionen in der BASF-Gruppe. Ihren Anteil wollten wir ursprünglich bis 2021 weltweit auf 22 bis 24 % erhöhen. Dieses Ziel haben wir mit 23 % bereits Ende 2019 erreicht. Daher haben wir uns jetzt ein neues Ziel gesetzt. Bis 2030 wollen wir den Anteil von Frauen in Führungspositionen auf 30 % erhöhen. Wir wollen Frauen im Führungsteam von BASF stärker einbinden und ihre Potenziale nutzen.

Wir stehen zu unserer Dividendenpolitik, die Dividende je Aktie jährlich zu steigern. Auch 2019 haben wir einen starken Free Cashflow erwirtschaftet. Der Hauptversammlung am 30. April 2020 schlagen wir daher vor, die Dividende um 10 Cent auf 3,30 € je Aktie zu erhöhen. Die BASF-Aktie bietet damit erneut eine hohe Dividendenrendite von 4,9 %. Für viele von Ihnen ist die Dividende ein wesentliches Kriterium bei der Anlageentscheidung. Dies gilt mehr denn je in Zeiten von Niedrigzinsen, in denen Aktionäre nach verlässlichen Werten für eine langfristige Geldanlage suchen. Die BASF-Aktie ist ein solcher Wert.

» Unser Team wird alles dafür tun, das bestmögliche Ergebnis für 2020 zu erreichen.

BASF wird sich weiterhin in einem wirtschaftlich volatilen Umfeld behaupten müssen. Auch für 2020 erwarten wir hohe konjunkturelle Unsicherheiten. Dazu trägt auch das Coronavirus bei. Die Weltwirtschaft wird voraussichtlich noch langsamer wachsen als 2019. Für die globale Chemieproduktion rechnen wir mit einem Wachstum deutlich unter dem Niveau von 2019. Wir können weltwirtschaftliche und geopolitische Entwicklungen nicht beeinflussen, aber eines ist klar: Unser Team wird alles dafür tun, das bestmögliche Ergebnis für 2020 zu erreichen. Wir wollen unseren Umsatz auf einen Wert zwischen 60 Milliarden € und 63 Milliarden € steigern. Für das Ergebnis der Betriebstätigkeit vor Sondereinflüssen der BASF-Gruppe rechnen wir mit einem Wert zwischen 4,2 Milliarden € und 4,8 Milliarden €. Unsere Kapitalrendite (ROCE) wird damit zwischen 6,7 % und 7,7 % liegen. Wir werden auch in diesem Umfeld unser Wachstum vorantreiben. Positive Effekte erwarten wir vor allem aus unserem laufenden Exzellenzprogramm, das wir gegenüber dem ursprünglichen Zeitplan beschleunigen werden.

Ich bin optimistisch, dass BASF trotz des wirtschaftlichen Gegenwinds im Jahr 2020 an Stärke gewinnen wird. Denn wir haben die Leidenschaft und die Expertise, um der bevorzugte Partner für unsere Kunden zu sein. Uns geht es darum, nachhaltig Wert zu schaffen.

Ich danke Ihnen für Ihr Vertrauen und dafür, dass Sie diesen Weg mit uns gehen.

Ihr

Martin Brudermüller