BASF-Bericht 2022

Operativ wirksame Chancen und Risiken

Marktwachstum

Zu den größten Chancen und Risiken gehört die Entwicklung unserer Absatzmärkte. Unsere Annahmen bezüglich der kurzfristigen Wachstumsraten der Weltwirtschaft, der Regionen und wichtiger Abnehmerindustrien, wie etwa der Chemie-, Automobil- und Baubranche, legen wir detailliert im Abschnitt „Wirtschaftliche Rahmenbedingungen 2023“ dar.

Darüber hinaus betrachten wir Chancen und Risiken aufgrund von abweichenden Annahmen. Makroökonomische Chancen ergeben sich infolge einer Beruhigung geopolitischer Konflikte und damit verbunden einer Verringerung der Engpässe im Angebot von Energie, Industrierohstoffen sowie anderen Vorleistungsgütern. Die völlige Rücknahme von Einschränkungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie in China und die schnelle Öffnung des Landes können die globale Nachfrage ebenfalls stärker steigen lassen als in unserer Basisprognose angenommen.

Ein bedeutendes makroökonomisches Risiko ergibt sich umgekehrt daraus, dass erneut längere Lockdowns zur Eindämmung des Coronavirus angeordnet werden, die die globalen Lieferketten sowie Angebot und Nachfrage beeinträchtigen. Weiter steigende Energiepreise, zum Beispiel infolge des Kriegs in der Ukraine, und daraus resultierende noch höhere Inflationsraten der Produzenten- und Konsumentenpreise stellen ebenfalls ein konjunkturelles Risiko dar. Zusätzliche makroökonomische Risiken ergeben sich aus einer Eskalation geopolitischer Konflikte sowie einer weiteren Verschärfung des Handelskonflikts zwischen den USA und China.

Aus Witterungseinflüssen können sich positive wie auch negative Effekte auf unser Geschäft ergeben, insbesondere im Segment Agricultural Solutions.

Margen

Chancen und Risiken resultieren für die BASF-Gruppe im Wesent­lichen aus der Ausweitung oder einem Rückgang der Margen, insbesondere in den Segmenten Chemicals und Materials. Weiter steigende Energie- und Rohstoffpreise sowie Rohstoffknappheiten bei einigen Produkten und Wertschöpfungsketten, vor allem bedingt durch den Krieg in der Ukraine, können den Margendruck weiter erhöhen. Dies würde sich negativ auf unser EBIT auswirken.

Der Rohölpreis der Sorte Brent betrug 101 US$/Barrel im Jahresdurchschnitt 2022, verglichen zu 71 US$/Barrel im Vorjahr. Für 2023 erwarten wir einen durchschnittlichen Ölpreis von 90 US$/Barrel.

Hohe Unsicherheiten bestehen vor allem hinsichtlich der Gaspreis­entwicklung und Verfügbarkeit von Gas, insbesondere in Europa. Daher sind in der Gesamtschau keine Chancen und Risiken, die sich aus der Volatilität des europäischen Gaspreises ergeben können, eingeflossen (siehe Abschnitt Gesamtbewertung).

Wettbewerb

Unsere Produkte und Lösungen entwickeln wir fortlaufend weiter, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Wir beobachten den Markt sowie den Wettbewerb und versuchen gezielt, Chancen zu nutzen sowie aufkommenden Risiken mit geeigneten Maßnahmen entgegen­zuwirken. Wesentliche Bestandteile unserer Wettbewerbsfähigkeit sind neben der Innovation auch unser permanentes Kostenmanage­ment und unsere kontinuierliche Prozessoptimierung.

Regulierung/Politik

Risiken können für uns durch eine Verschärfung geopolitischer Spannungen, durch neue Handelsbarrieren, schärfere Emissions­grenz­werte für Anlagen sowie durch eine verschärfte Energie- und Chemikaliengesetzgebung in der EU entstehen.

Aus politischen Maßnahmen können aber auch Chancen erwachsen. So sehen wir in den weltweiten Maßnahmen zur Erhöhung der Energieeffizienz und Reduktion von Treibhausgasemissionen die strategische Chance auf eine höhere Nachfrage nach Produkten, wie etwa unseren Dämmstoffen für Gebäude, Katalysatoren, Batterie­materialien für die Elektromobilität oder unseren Lösungen für Windkraftanlagen.

Einkauf

Beschaffungsrisiken mindern wir durch ein breites Portfolio, welt­weite Einkaufsaktivitäten sowie durch den Kauf von Rohstoffen auch auf den Spotmärkten. Wir vermeiden es durch Schaffung und Nutzung von Wettbewerb, soweit möglich, Rohstoffe von einem einzigen Lieferanten zu beziehen. Wir beobachten kontinuierlich alle Risiken auf den Beschaffungsmärkten, zum Beispiel das Ausfall­risiko wichtiger Geschäftspartner. Wir treffen Maßnahmen, um Risiken zu vermeiden oder deren Auswirkungen zu minimieren.

Lieferkette

Dem Risiko von Lieferunterbrechungen auf der Beschaffungs- und Absatzseite, unter anderem durch extreme Wetterlagen (zum Beispiel Hoch-/Niedrigwasser von Flüssen, Hitze-/Kältewellen, Wirbelstürme), deren Häufigkeit und Intensität durch den Klimawandel zunehmen, begegnen wir mit dem Wechsel auf alternative Transportlösungen sowie der Möglichkeit, innerhalb unseres globalen Verbunds auf andere Standorte ausweichen zu können.

Investitionen/Produktion

Ungeplante Anlagenabstellungen versuchen wir durch die Einhaltung hoher technischer Standards und eine kontinuierliche Verbesserung unserer Anlagen zu vermeiden. Die Auswirkungen einer ungeplanten Abstellung auf die Versorgung mit Zwischen- und Endprodukten reduzieren wir durch die Diversifikation im Rahmen unseres weltweiten Produktionsverbunds.

Im Falle einer Produktionsunterbrechung, zum Beispiel infolge eines Unfallereignisses, greifen abhängig vom Umfang der Auswirkungen unsere globalen, regionalen oder lokalen Notfallkonzepte und Krisenmanagement-Strukturen. In allen Regionen gibt es Krisenmanagement-Teams auf lokaler und regionaler Ebene. Diese koordinieren nicht nur die erforderlichen Notfallmaßnahmen, sondern leiten auch die Sofortmaßnahmen zur Schadensbegrenzung und zur schnellstmöglichen Wiederherstellung des normalen Betriebszustands ein.

Das Krisenmanagement umfasst auch den Umgang mit extremen Wetterlagen wie etwa tropischen Wirbelstürmen (beispielsweise an den Standorten in Freeport und Geismar im Golf von Mexiko) oder stark erhöhten Wassertemperaturen in Flüssen infolge von langen Hitzewellen, welche die verfügbare Kühlkapazität einschränken. Bei einem sich potenziell verändernden Risiko im Zuge des Klima­wandels werden entsprechende Anpassungen an den Standorten vorgenommen. Beispielsweise haben wir am Verbundstandort Ludwigshafen sowie am Standort Geismar/Louisiana in den vergangenen Jahren aufgrund einer Zunahme von Hitzewellen mehrere Maßnahmen zur Erhöhung der Kühlkapazität, wie etwa Ausbau und Optimierung der zentralen Rückkühlanlagen und Optimierung der Kühlwasserströme, umgesetzt. Diese Optimierungen dienen dazu, Produktions­unter­brechungen aufgrund von extremen Hitzewellen zu verhindern.

Kurzfristige Risiken aus Investitionen können zum Beispiel aus technischen Störungen sowie Kosten- und Terminüberschrei­tungen entstehen. Diesen begegnen wir durch ein konsequentes Projekt­management und -controlling.

Akquisitionen/Devestitionen/Kooperationen

Wir beobachten stetig den Markt, um mögliche Akquisitionsziele zu identifizieren und so unser Portfolio sinnvoll weiterzuentwickeln. Zudem arbeiten wir mit Kunden und Partnern im Rahmen von Kooperationen zusammen, um gemeinsam neue wettbewerbsfähige Produkte und Anwendungen zu entwickeln.

Akquisitionen und Devestitionen bergen sowohl Chancen als auch Risiken. Diese ergeben sich aus dem Zustandekommen oder einem früher beziehungsweise später als erwartet vollzogenen Abschluss einer Transaktion. Sie betreffen den An- oder Wegfall von regelmäßigen Ergebnisbeiträgen sowie die Realisierung von Veräußerungs­ergebnissen, sofern sie von unseren Planungsannahmen abweichen.

Personal

Die Entwicklung des Personalaufwands hängt aufgrund globaler BASF-Vergütungs­prinzipien auch von der Höhe der variablen Vergütung ab, die unter anderem an den Unternehmenserfolg geknüpft ist. Die Korrelation von variabler Vergütung und Unternehmenserfolg wirkt dabei risikominimierend. Ein weiterer Einflussfaktor besteht in der Entwicklung der Zinssätze für die Abzinsung der Pensions­verpflichtungen. Darüber hinaus können auch Änderungen von rechtlichen Rahmenbedingungen auf Länderebene Einfluss auf die Entwicklung des Personalaufwands der BASF-Gruppe nehmen. Für Länder, in denen BASF tätig ist, beobachten wir daher kontinuierlich die relevanten Entwicklungen, um mögliche Risiken frühzeitig zu erkennen und das Ergreifen von adäquaten Maßnahmen zu ermöglichen.

Informationstechnologie

BASF nutzt eine Vielzahl von IT-Systemen. Technologien wie Big Data oder Internet of Things setzen wir ein, um neue Geschäfts­modelle, Unternehmenskonzepte und -strategien zu entwickeln und auf ein verändertes Kundenverhalten angemessen zu reagieren. Die Aufgabe des globalen Cyber-Security-Teams besteht darin, diese IT-Systeme und damit die dort verarbeiteten Daten und Geschäftsprozesse zu schützen. In einer vernetzten, sich ständig weiterent­wickelnden Welt wird die Herausforderung, BASF vor Angreifern zu schützen, immer größer und komplexer.

Die Bedrohungslage hat sich in den vergangenen Jahren dahin­gehend verändert, dass Angreifer sich besser organisieren, ausgereiftere Techniken verwenden und über weit mehr Ressourcen verfügen. Diese Entwicklung ergibt sich aus der Tatsache, dass Cyberangriffe über das Internet äußerst lukrativ sind, da eine Vielzahl von Schwachstellen in Soft- und Hardwareprodukten ständig neue Anreize für die Entwicklung von Angriffssoftware bieten und die Möglichkeiten der Anonymisierung die Rückverfolgbarkeit und Bestrafung von Angriffen nahezu unmöglich machen.

Eine erfolgreiche Attacke kann beispielsweise die Anlagenverfügbarkeit, die Lieferqualität oder die Richtigkeit unserer Finanzbericht­erstattung beeinträchtigen. Unbefugter Zugriff auf sensible Daten, wie zum Beispiel Personal- oder Kundenstammdaten, wettbewerbsrechtlich relevante Informationen oder Forschungsergebnisse, kann haftungsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen oder unsere Wettbewerbsposition gefährden. Hinzu kämen monetäre Einbußen, ein möglicher Reputationsverlust bis hin zu einem Vertrauensverlust unserer Kunden und Partner in die Sicherheit unserer Produkte und Services.

Um derartige Risiken zu minimieren, verfügt BASF über weltweit einheitlich angewandte Verfahren und Systeme zur Gewährleistung der IT-Verfüg­barkeit und IT-Sicherheit. Dazu gehören stabile und redundant ausgelegte IT-Systeme, Back-up-Verfahren, Viren- und Zugangsschutz, Verschlüsselungssysteme sowie integrierte und standardisierte IT-Infrastrukturen und -Anwendungen. Die im Einsatz befindlichen Systeme zur Informationssicherheit werden permanent geprüft, fortlaufend aktualisiert und bei Bedarf erweitert. Zudem werden unsere Mitarbeitenden regelmäßig im Informations- und Datenschutz geschult. Das IT-Risiko­management erfolgt über einheitliche Regeln für Organisation und Anwendung sowie ein darauf aufbauendes internes Kontrollsystem.

Um mit fortschrittlichen Angreifern Schritt zu halten, nutzen wir moderne Schutzkonzepte. Diese reichen von einer effizienten Erkennung über die professionelle Reaktion bis hin zur Abwehr von Angriffen und zur Minimierung möglicher Auswirkungen. Außerdem sind starke Allianzen im Bereich der Cybersicherheit hierfür unerlässlich. So arbeitet BASF eng mit Sicherheits­behörden und Sicherheits­verbänden zusammen, zum Beispiel als Gründungsmitglied der Deutschen Cyber Sicherheits-Organi­sation (DCSO) und der Cyber Security Sharing and Analytics (CSSA) Plattform in Berlin.

Darüber hinaus hat BASF ein Informations­sicherheits-Management-System etabliert und ist nach der internationalen Norm DIN EN ISO/IEC 27001:2017 zertifiziert.

Recht

Laufende und drohende Rechtsstreitigkeiten und -verfahren überwachen wir kontinuierlich. Dem Vorstand und dem Aufsichtsrat wird hierüber regelmäßig Bericht erstattet. Zur Beurteilung von Risiken aus laufenden Rechtsstreitigkeiten und -verfahren sowie eines etwaigen Rückstellungsbedarfs erstellen wir eigene Analysen und Bewertungen der Sachverhalte und geltend gemachter Ansprüche und ziehen im Einzelfall die Ergebnisse vergleichbarer Verfahren sowie bei Bedarf unabhängige Rechtsgutachten heran. Die Risikobewertung basiert insbesondere auf der Einschätzung der Eintrittswahrscheinlichkeiten und Bandbreiten möglicher Inanspruchnahmen. Diese Einschätzungen werden in enger Abstimmung zwischen den betroffenen operativen Einheiten und Serviceeinheiten unter Einbeziehung von „Corporate Legal“ und „Corporate Finance“ getroffen. Bei entsprechender Eintrittswahrscheinlichkeit bilden wir für das jeweilige Verfahren eine Rückstellung. Ist eine Rückstellungsbildung nicht erforderlich, prüfen wir im Rahmen des allgemeinen Risiko­managements weitergehend, ob aus diesen Rechtsstreitigkeiten gleichwohl ein Risiko für das EBIT der BASF-Gruppe besteht.

Risiken aus möglichen Rechts- oder Gesetzesverletzungen begrenzen wir durch unser internes Kontrollsystem. Beispielsweise versuchen wir, durch umfangreiche Abgrenzungsrecherchen Patent- und Lizenzkonflikte weitgehend zu vermeiden. Im Rahmen unseres konzernweiten Compliance-Programms werden unsere Mitarbeitenden regelmäßig geschult.

Steuern

Die berücksichtigten steuerlichen Chancen und Risiken betreffen nur Steuern, die sich auf das EBIT der BASF-Gruppe kurzfristig auswirken. Diese entstehen, wenn BASF eine abweichende Position zu der Auffassung einer zuständigen Verwaltungsbehörde eingenommen hat. Soweit bereits eine Steuerzahlung erfolgte und die Möglichkeit einer Rückforderung besteht, zeigen wir dies als Chance. Wenn hingegen noch eine potenzielle Zahlung entsprechend der Verwaltungsauffassung aussteht, entspricht dies einem Risiko. Die Chancen und Risken bewerten wir insbesondere hinsichtlich deren Eintrittswahrscheinlichkeit und soweit geboten bilden wir für den jeweiligen Risikofall eine Rückstellung. Ist eine Rückstellungsbildung nicht erforderlich, berücksichtigen wir dies im Rahmen der Ermittlung der EBIT-relevanten Risiken der BASF-Gruppe.

Verbund
Im BASF-Verbund sind Anlagen intelligent verbunden. In diesem System laufen chemische Prozesse mit geringem Energieeinsatz und hoher Produktausbeute ressourcen­schonend ab. Die Nebenprodukte einer Anlage dienen an einer anderen Stelle als Einsatzstoff, wodurch effiziente Wertschöpfungsketten entstehen – von Grundchemikalien bis hin zu hochveredelten Produkten wie Lacken oder Pflanzenschutzmitteln. Unser Verbundprinzip – bei Produktion, Technologien, dem Markt und in der Digitalisierung – ermöglicht innovative Lösungen für eine nachhaltige Zukunft.
Wertschöpfungskette
Als Wertschöpfungskette wird die Aufeinanderfolge von Veredlungs­schritten im Produktionsprozess bezeichnet, angefangen bei den Rohstoffen über verschiedene Zwischen­stufen wie Transport und Produktion bis zum fertigen Endprodukt.

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