BASF-Bericht 2022

Wirtschaftliche Rahmenbedingungen 1

Das Wachstum der Weltwirtschaft wurde im Jahr 2022 durch den Ausbruch des Kriegs in der Ukraine sowie weltweit steigende Inflationsraten und Zinsen belastet. Steigende Energie- und Rohstoffpreise verteuerten viele Produkte und dämpften die Kaufkraft der Konsumenten. Die europäische Chemieproduktion sank stark aufgrund drastisch gestiegener regionaler Gaspreise.

Auf einen Blick

+3,0 %

Wachstum des globalen BIP

+2,2 %

Steigerung der globalen Chemieproduktion

  • Energiepreisschock und Einbruch der Chemieproduktion in Europa
  • Hohe Zinsen und schwache Konjunktur in den USA
  • Wechselhafte Konjunktur in Asien
  • Drastische Steigerung der europäischen Gaspreise und steigender Ölpreis

Das globale Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg um 3,0 % gegenüber dem Vorjahr (2021: +6,1 %). Während die globale Industrie­produktion um 2,5 % zunahm (2021: +6,2 %), wuchs die globale Chemie­pro­duktion nur um 2,2 % (2021: +6,1 %). Der durchschnitt­liche Preis der Referenz­rohölsorte Brent stieg auf 101 US$/Barrel (2021: 71 US$/Barrel). Die Gaspreise in Europa betrugen im Jahresdurchschnitt 124,16 €/MWh (38,01 US$/mmBtu) und waren damit mehr als doppelt so hoch wie im Vorjahr und mehr als zehnmal so hoch wie im Jahr 2020.

Weltwirtschaftliche Entwicklung 2022

Die weltwirtschaftliche Entwicklung war im Jahresverlauf 2022 außergewöhnlich volatil und durch starke regionale Unterschiede geprägt. Der Ausbruch des Kriegs in der Ukraine, die Erholung von der Corona-Pandemie in den fortgeschrittenen Ländern, das lange Festhalten an der Null-Covid-Politik in China und Nachwirkungen der starken fiskalischen Stimuli der Vorjahre waren wichtige, sich über­lagernde Treiber der makroökonomischen Entwicklung. Von ganz wesentlicher Bedeutung für die Entwicklung der Industriekonjunktur waren die sprunghaft gestiegenen Energiepreise, allen voran die Gaspreise in Europa und die Preise an den internationalen LNG-Märkten. Die Gesamtnachfrage wurde darüber hinaus durch die in fast allen Ländern (mit Ausnahme Chinas und Japans) stark gestiegenen Inflations­raten und die steigenden Zinsen gedämpft. Ursache der steigenden Inflationsraten waren vor allem die gestiegenen Energiepreise, aber auch Engpässe auf den Arbeits- und Gütermärkten trugen dazu bei. Der starke US-Dollar trieb die Inflation in allen Ländern, die Waren und Rohstoffe aus dem Dollarraum einführten.

Trotz der Krisen und der schwachen Wachstumsdynamik im Jahresverlauf 2022 war die statistisch ausgewiesene Jahres­wachstums­rate in vielen Ländern noch vergleichsweise hoch.

Die Entwicklung verlief während des Jahres 2022 aber wechselhaft und mit deutlichen regionalen Unterschieden. Während das Brutto­inlandsprodukt in der Europäischen Union zunächst deutlich zunahm, starteten die USA mit einer technischen Rezession in das Jahr. In der zweiten Jahreshälfte kehrte sich das um. Die europäischen Volkswirtschaften wuchsen nur noch schwach, in den USA beschleunigte sich die gesamtwirtschaftliche Aktivität hingegen etwas. In den Schwellen­ländern Asiens war der Konjunkturverlauf im gesamten Jahr volatil. Maßgeblich war die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts in China: Auf einen soliden Jahresauftakt folgte ein Rückgang im zweiten Quartal und nach neuerlicher Erholung im dritten Quartal kam es erneut zu starken Bremseffekten zum Jahresende.

1 Sämtliche Angaben in diesem Kapitel, die sich auf zurückliegende Jahre beziehen, können aufgrund von statistischen Revisionen vom Vorjahresbericht abweichen. Soweit verfügbar, werden gesamtwirtschaftliche Wachstumsraten kalenderbereinigt angegeben. Für das Jahr 2022 noch nicht vollständig vorliegende Werte wurden geschätzt.

Bruttoinlandsprodukt (reale Veränderung gegenüber Vorjahr)

 

2022

2021

Welt

3,0 %

6,1 %

EU

3,6 %

5,3 %

USA

2,1 %

5,9 %

Schwellenländer Asiens ohne China 2

5,5 %

6,3 %

China

3,0 %

8,4 %

Japan

1,2 %

2,2 %

Südamerika

3,7 %

7,7 %

2

Zu den Schwellenländern Asiens zählen wir die ASEAN-Staaten (Brunei, Indonesien, Malaysia, Myanmar, Kambodscha, Laos, die Philippinen, Singapur, Thailand, Vietnam), Indien, Pakistan und Bangladesch.

Entwicklung der Wirtschaft nach Regionen

In der Europäischen Union (EU) stieg das BIP 2022 um 3,6 % (2021: +5,3 %). Im ersten Halbjahr machten sich die Nachholeffekte der Corona-Pandemie im Dienstleistungssektor und in den klassischen Urlaubsländern positiv bemerkbar. In Italien und Spanien stieg das BIP um 3,9 % beziehungsweise 5,5 %, in Frankreich um immerhin 2,7 %. In Deutschland konnte das BIP dagegen nur um 1,9 % zulegen. Die deutsche Industrieproduktion war insgesamt leicht rückläufig. In den energieintensiven Industrien ging die Produktion wegen der drastisch gestiegenen Energiepreise sogar deutlich zurück. Aufgrund hoher Dienstleistungsimporte durch den Auslandstourismus und einer schwächer wachsenden Güternachfrage aus dem Ausland trugen die Nettoexporte nicht zum Wachstum bei. Auch die Investitionen blieben schwach. Der private Konsum wuchs dagegen um mehr als 4 %. Hier kamen vor allem Nachhol­effekte im Dienstleistungssektor zum Tragen. Die Stimmung von Verbrauchern und Unternehmen trübte sich durch die steigenden Energiepreise und die wirtschaftliche Unsicherheit infolge des Kriegs in der Ukraine jedoch zunehmend ein.

Die osteuropäischen EU-Länder konnten mit mehr als 4 % (2021: +6,1 %) vergleichsweise stark wachsen. Allerdings schwächte sich die Konjunktur infolge der schwächeren Export- und Konsumnachfrage und zweistelliger Inflationsraten im Jahresverlauf erheblich ab.

Im Vereinigten Königreich dämpften stark gestiegene Lebens­haltungskosten den privaten Konsum. Die Industrieproduktion ging im Jahresverlauf zurück, die Investitionen wurden durch die stark gestiegenen Zinsen belastet. Aufgrund einer dynamischen Erholung im Dienstleistungssektor konnte die Volkswirtschaft dennoch um 4,1 % (2021: +7,6 %) wachsen.

Die Entwicklung in Russland wurde stark durch die internationalen Sanktionen geprägt, die infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine verhängt wurden. Das BIP sank im Jahr 2022 um geschätzte 3,1 %. Negative konjunkturelle Effekte im Zuge der von den USA und der EU verhängten Handels- und Finanzsanktionen wurden durch steigende Rohstoffpreise und die Substitution von Güter­importen durch einheimische Produktion teilweise kompensiert.

In den USA sank das Bruttoinlandsprodukt in den ersten beiden Quartalen 2022 gegenüber dem zweiten Halbjahr 2021. Der Güterkonsum und die Wohnungsbauinvestitionen gingen zurück. Auch der Außenhandel übte im ersten Quartal einen starken negativen Einfluss auf das Wachstum aus. Durchgängig positiv war dagegen der Beitrag des Dienstleistungskonsums. In der zweiten Jahres­hälfte belebte sich die US-Konjunktur, im Wesentlichen aufgrund eines stärkeren Außenhandelsüberschusses und eines soliden privaten Konsums. Insgesamt wuchs die US-amerikanische Volkswirtschaft im Jahr 2022 um 2,1 % (2021: +5,9 %).

In den Schwellenländern Asiens war der Konjunkturverlauf wechselhaft. In China wurde das Wachstum immer wieder durch Einschränkungen im Rahmen der Null-Covid-Strategie der Regierung belastet. Einem positiven ersten Quartal 2022 folgte ein Einbruch des BIP im zweiten Quartal infolge von Lockdowns in vielen chinesischen Städten. Im dritten Quartal war wiederum eine dynamische Erholung zu verzeichnen. Im vierten Quartal führten steigende Infektionszahlen und der abrupte Kurswechsel in der Null-Covid-Politik abermals zu einem schwächeren wirtschaftlichen Verlauf. Insgesamt blieb das Wachstum des BIP in China mit 3,0 % deutlich unterhalb seines mittelfristigen Wachstumspfads. Die schwache Konjunktur und anhaltende Reisebeschränkungen in China dämpften auch das Wachstum in vielen anderen Ländern der Region, die über Handelsbeziehungen eng mit China verflochten sind. Dennoch konnten die anderen asiatischen Schwellenländer insgesamt ein Wachstum von 5,5 % erzielen.

Auch in Japan (+1,2 %) und Südkorea (+2,6 %) beeinträchtigten wiederkehrende Corona-Infektions­wellen das Wachstum, darüber hinaus wurde die Industrieproduktion durch Lieferprobleme in der Automobil- und Elektronikindustrie und eine schwächere Auslandsnachfrage belastet.

In Südamerika beschleunigte sich das Wachstum in der ersten Jahres­hälfte, gestützt durch hohe Rohstoffpreise und Nachhol­effekte bei der privaten Nachfrage. In Brasilien wurde der private Konsum vor den Präsidentschaftswahlen zudem durch staatliche Transfers und Steuersenkungen gefördert. Auch in Argentinien nahm der private Konsum trotz hoher Inflationsraten und Zinsen weiterhin stark zu. In der zweiten Jahreshälfte schwächte sich die Konjunktur in der Region allerdings deutlich ab. Insgesamt wuchs das BIP in Südamerika um 3,7 % (2021: +7,7 %).

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