BASF-Bericht 2022

Wesentliche Themen im Fokus: Kreislaufwirtschaft und Ressourceneffizienz

Weltweit werden immer mehr Elektroautos zugelassen. Gleich­zeitig sind die Rohstoffe für ihre Batterien begrenzt. Deshalb arbeiten BASF-Teams an innovativen Verfahren für das Recycling von Lithium-Ionen-Batterien. Dabei entsteht die sogenannte „schwarze Masse“ (Bild), aus der hochreines Lithiumsalz sowie Nickel, Kobalt und Mangan zurückgewonnen werden können.

Die Weltbevölkerung wächst, ebenso die Nachfrage nach begrenzt verfügbaren Rohstoffen. Gleichzeitig landen viele Wertstoffe auf Deponien oder in der Müllverbrennung. Neue Konzepte sind daher gefragt, um Wachstum und Ressourcenverbrauch voneinander zu entkoppeln. „Reduce, Reuse, Recycle“ lauten die zentralen Schlagworte dieses Wandels hin zu einem System nachhaltigerer Produktkreisläufe mit geringerem Ressourcenverbrauch und niedrigeren CO2-Emissionen.

Das Konzept, Rohstoffe sparsam einzusetzen, Wertstoffe wiederzuverwenden und Abfälle in den Kreislauf zurückzuführen, ist seit der Gründung von BASF im Jahr 1865 fest in unserem Unternehmen verankert: Damals verfolgte Friedrich Engelhorn die Idee, aus dem Abfallprodukt Steinkohlenteer synthetische Farbstoffe zu gewinnen und die Produktion möglichst effizient zu organisieren. Dieser Tradition sind wir bis heute treu geblieben – und richten unser Handeln konsequenter denn je auf Zirkularität aus. So bietet zum Beispiel die BASF-Verbund­struktur zahlreiche Möglichkeiten im Sinne der Kreislaufwirtschaft: Durch die intelligente Vernetzung unserer Anlagen können wir Nebenprodukte einer Anlage an anderer Stelle als Rohstoff oder Energie verwenden, was unseren Ressourcenverbrauch insgesamt reduziert (siehe Energie und Klimaschutz und Wesentliche Themen im Fokus: Luftemissionen, Abfall und Altlasten).

Wir möchten unseren Material- und CO2-Fußabdruck weiter verringern und richten unsere Rohstoffbasis deshalb noch stärker auf nicht-fossile Alternativen wie biobasierte oder nachwachsende Roh­stoffe aus. Um unsere Versorgungsbasis zu erweitern, erschließen wir darüber hinaus neue abfallbasierte Rohstoffquellen und entwickeln, häufig mit Partnern, geeignete Recyclingverfahren. In diesem Kontext streben wir an, ab 2025 jährlich 250.000 Tonnen recycelte und abfallbasierte Rohstoffe in unserer Produktion zu verarbeiten, zum Beispiel Pyrolyseöl aus gemischten Kunststoffabfällen oder Altreifen.

Zahlreiche Produkte und Technologien von BASF helfen bereits heute an vielen Stellen entlang der Wertschöpfungskette, Kreisläufe zu schließen. Gemeinsam mit unseren Kunden und weiteren Stakeholdern wollen wir die Transformation von linearen hin zu zirkulären Geschäftsmodellen weiter beschleunigen. Unser Ziel: Bis 2030 wollen wir unseren Umsatz mit Lösungen für die Kreislaufwirtschaft auf 17 Milliarden € verdoppeln (Basisjahr: 2020). Dies umfasst:

  • Produkte, die auf erneuerbaren oder recycelten Rohstoffen basieren: Hierzu zählen unter anderem Produkte, bei deren Herstellung wir fossile Rohstoffe anteilig oder vollständig durch nachwachsende Rohstoffe ersetzen. Die Allokation der alternativen Rohstoffe zum Endprodukt erfolgt über das sogenannte Massenbilanz-Prinzip und wird von unabhängigen Dritten überprüft und zertifiziert. Wir nutzen diese Vorgehensweise etwa bei ausgewählten Inhaltsstoffen für die Kosmetik-, Wasch-, Reinigungs- und Nahrungsmittelindustrie. Weitere Beispiele sind Produkte, die mechanisch recycelte Rohstoffe enthalten („Mcycled“), oder Produkte, die auf chemisch recyceltem Pyrolyseöl basieren („Ccycled-Produkte“).
  • Produkte, die Materialkreisläufe schließen („close the loop“): Hierzu zählen Produkte, die das Recycling von Wertstoffen ermöglichen und verbessern. Zum einen konzentrieren wir uns hierbei auf die Wertschöpfungskette für Kunststoffe. Beispiele sind unsere zertifiziert kompostierbaren Kunststoffe ecoflex® und ecovio®, Kunststoffadditive für ein besseres mechanisches Recycling oder Katalysatoren und Adsorbentien für die Aufreinigung und Aufbereitung von recycelten Rohstoffen. Zweiter Schwerpunkt ist das Recycling von mineralischen Rohstoffen. So treiben wir gemeinsam mit Partnern beispielsweise innovative Technologien und Lösungen zur Rückgewinnung von Metallen wie Lithium, Nickel, Kobalt und Mangan aus ausgedienten Lithium-Ionen-Batterien voran.
  • Produkte, die Ressourceneffizienz beziehungsweise Lang­lebigkeit von Materialien erhöhen („extend the loop“): Hierzu zählen zum einen Produkte, die den Ressourcenbedarf und die Umwelt­auswirkungen entlang der Wertschöpfungskette verringern. Ein Beispiel ist die innovative Dünnschicht-Technologie Oxsilan® zur Korrosionsschutzbehandlung von Metallen, etwa vor einer Lackierung. Das Verfahren ermöglicht bei niedrigerem Material­einsatz nicht nur eine höhere Produktivität, sondern verfügt im Vergleich zu herkömmlichen Phosphatierverfahren auch über ein vorteilhaftes Sicherheits-, Gesundheits- und Umweltprofil. Zum anderen fallen in diese Kategorie Produkte, die die Nutzungsphase verlängern und/oder Wartungsintervalle verringern. Ein Beispiel hierfür sind Tinuvin®-Lichtstabilisatoren. Sie erhöhen die Lebensdauer unter anderem von Agrarfolien, indem sie zuverlässig vor UV-Strahlung, Hitze und Agrochemikalien schützen.

Um unsere Ziele zu erreichen und die Transformation zu beschleunigen, haben wir unter anderem ein unternehmensweites Programm zur Kreislaufwirtschaft etabliert. Im Rahmen dieses Programms entwickeln BASF-Teams derzeit in über 45 Initiativen neue Ansätze zu den drei zentralen Handlungsfeldern: alternative Rohstoffpfade, innovative Materialzyklen und neue Geschäftsmodelle für die Kreislaufwirtschaft – zu denen auch digitale und servicebasierte Konzepte zählen. Darüber hinaus kooperieren wir mit Partnern entlang der Wertschöpfungskette und engagieren uns in zahlreichen Netzwerken, etwa der Ellen MacArthur Foundation, dem World Business Council for Sustainable Development, der Global Battery Alliance oder der Alliance to End Plastic Waste. Hierdurch wollen wir unter anderem Anforderungen, Trends und Wachstumschancen besser verstehen oder Standards mitgestalten. Dies gilt beispielsweise für das Konzept der Massen­bilanzierung, das aus unserer Sicht für die Kreislaufwirtschaft und den Einsatz alternativer Rohstoffe in der chemischen Industrie von zentraler Bedeutung ist.

Gut zu wissen

Konzeptfahrzeug (Foto)

Elektromobilität neu gedacht: das Konzeptfahrzeug „oli“

Mit dem Co-Creation-Projekt „oli“ [all-ë] zeigen Citroën und BASF, wie beim Bau von Elektrofahrzeugen durch Eliminierung, Reduktion und den Einsatz innovativer Materialien gleichzeitig Gewicht gespart und Ressourcen geschont werden können. Für das im September 2022 vorgestellte Konzeptfahrzeug haben Teams beider Unternehmen gemeinsam diverse Bauteile und Werkstoffe in einen neuen Anwendungskontext gebracht. Dabei wurden viele Bauteile sortenrein entworfen und konstruiert, das heißt mit Materialien aus derselben chemischen Produktfamilie. Dies erleichtert ihr Recycling am Ende der Nutzungsphase.

Die komplette Rücksitzlehne ist beispielsweise aus dem flexiblen 3D-gedruckten BASF-Kunststoff Ultrasint® gefertigt. Die offene Gitterstruktur übernimmt auch die natürliche Belüftung und ersetzt sämtliche Ventilatoren im Sitz. An vielen weiteren Stellen im Fahrzeuginneren und -äußeren ersetzen technische Kunststoffe von BASF konventionelle Werkstoffe wie Metall, was deutlich Gewicht spart und zugleich vielfältige Optionen für das Design eröffnet. So sind etwa Gas- und Bremspedal aus Ultramid® gefertigt. Die zentrale Ablagefläche besteht aus Elastollan®. Beide Werkstoffe bietet BASF auch auf Basis von nachwachsenden und recycelten Rohstoffen an. Motor­haube, Dach und Kofferraum bestehen aus Platten, in denen das Polyurethansystem Elastoflex® mit dem Spritzlacksystem Elastocoat® kombiniert wurde. Dank einer wabenartigen Struktur sind die Platten leicht und extrem stabil.

Für die Karosserie wurde R-M® AGILIS® verwendet, ein wasser­basierter Lack mit sehr niedrigem Gehalt an flüchtigen organischen Verbindungen (VOC). Für den Korrosionsschutz des Batteriege­häuses sorgt CathoGuard® 800. Die kathodische Tauchlackierung ermöglicht ressourceneffiziente Prozesse und zeichnet sich durch ihre Umweltfreundlichkeit aus: Sie ist zinn-/HAP-frei und lösemittelarm.

Die Höchstgeschwindigkeit von „oli“ ist auf 110 Stundenkilometer begrenzt und die Beschleunigung gedrosselt, was die Reichweite und Lebensdauer der Batterie entscheidend verlängert.

Wertschöpfungskette
Als Wertschöpfungskette wird die Aufeinanderfolge von Veredlungs­schritten im Produktionsprozess bezeichnet, angefangen bei den Rohstoffen über verschiedene Zwischen­stufen wie Transport und Produktion bis zum fertigen Endprodukt.

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