Wirtschaftliche Rahmenbedingungen 20231
Auf einen Blick
- Stagnation in Europa und den USA erwartet
- Moderate Steigerung des Wachstums in Asien
- Fragile Erholung in der Automobilindustrie
- Moderates Wachstum in der Gesamtindustrie
- Schwaches Wachstum der globalen Chemieproduktion
- Weiterer Rückgang der Chemieproduktion in Europa
Die hohen Energiekosten werden das Bruttoinlandsprodukt in der Europäischen Union im Jahr 2023 voraussichtlich stagnieren lassen. Die hohen regionalen Gaspreise werden die Produktion in den energieintensiven Industrien weiter stark belasten. Für die Chemieproduktion in der EU gehen wir daher von einem deutlichen Rückgang in ähnlicher Größenordnung wie im Jahr 2022 aus. In Nordamerika erwarten wir ebenfalls eine Stagnation des Bruttoinlandsprodukts und eine leicht sinkende Chemieproduktion. Für China unterstellen wir ein etwas höheres Wachstum des BIP als im Vorjahr, in den übrigen Schwellenländern Asiens wird es sich voraussichtlich abschwächen. Das Wachstum der Chemieproduktion in der gesamten asiatischen Region wird vermutlich insgesamt stabil bleiben.
Die Unsicherheiten über die weitere Entwicklung bleiben außergewöhnlich hoch. Die weitere Entwicklung des Kriegs in der Ukraine und seine Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum sind kaum abschätzbar. Für unsere Prognose nehmen wir an, dass der Konflikt nicht weiter eskaliert. Wir unterstellen, dass eine akute Gasmangellage mit behördlichen Kürzungen der Gasversorgung für die energieintensiven Industrien in Europa vermieden werden kann. Zudem gehen wir davon aus, dass die Abkehr von der Null-Covid-Strategie in China keine Beeinträchtigungen nach sich zieht, die das Wachstum in China und bei seinen Handelspartnern stark verringern würden.
Entwicklung der Weltwirtschaft im Jahr 2023
Für die Europäische Union (EU) gehen wir von einem stagnierenden BIP aus (2023: +0,1 %, 2022: +3,6 %). Die Stützungsmaßnahmen vieler EU-Länder zur Abmilderung der Folgen der stark gestiegenen Gas- und Strompreise für die privaten Haushalte sowie die kleinen und mittleren Unternehmen tragen dazu bei, einen stärkeren Rückgang zu verhindern. Die EU-Länder mit einem vergleichsweise hohen Industrieanteil an der Wertschöpfung und einem hohen Anteil von Gas an der Energieversorgung werden voraussichtlich weitere Einbußen erleiden. Wir gehen daher davon aus, dass das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland um 0,7 % und in Italien um 0,4 % sinken wird. In Frankreich wird das BIP voraussichtlich stagnieren. Unter den großen EU-Ländern rechnen wir lediglich für Spanien mit einem leichten Wachstum (+1,0 %). Das BIP in den osteuropäischen EU-Ländern wird im Durchschnitt vermutlich stagnieren (+0,3 %).
Im Vereinigten Königreich erwarten wir aufgrund stark gestiegener Lebenshaltungskosten und Zinsen, die den privaten Konsum und die Investitionen belasten, einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 1,2 % (2022: +4,1 %).
Das BIP der USA wird im Jahr 2023 voraussichtlich stagnieren. Die US-amerikanische Geldpolitik steuert einen restriktiven Kurs, um die auf hohem Niveau bereits leicht rückläufige Inflationsrate weiter zu senken. Die hohen Zinsen bremsen die Baukonjunktur, kreditfinanzierte Käufe dauerhafter Gebrauchsgüter und die Ausrüstungsinvestitionen. Gegenläufig wirken die gute Arbeitsmarktsituation und staatliche Wachstumsimpulse im Rahmen des Infrastrukturprogramms und des Inflation Reduction Act. Niedrige Gaspreise im internationalen Vergleich verbessern darüber hinaus die internationale Wettbewerbsfähigkeit der energieintensiven US-Industrien.
In den asiatischen Schwellenländern rechnen wir insgesamt mit einem etwas höheren Wachstum (+4,4 %) als im Jahr 2022 (+3,8 %). Dies ist ausschließlich auf ein höheres erwartetes Wachstum in China zurückzuführen (+4,5 % im Jahr 2023 nach +3,0 % im Jahr 2022). Für die anderen asiatischen Schwellenländer erwarten wir insgesamt einen Rückgang des Wachstums von 5,5 % im Jahr 2022 auf 4,3 % im Jahr 2023. In Indien wird sich das Wachstum voraussichtlich auf 5,2 % abschwächen (2022: +7,0 %). Die schwache Entwicklung der westlichen Handelspartner wird die Konjunktur in den asiatischen Schwellenländern belasten. Zugleich haben ihre Währungen im vergangenen Jahr deutlich gegenüber dem US-Dollar abgewertet, was insbesondere ihre Energieimporte verteuert. Ein Gegengewicht bildet die von uns angenommene Erholung der Binnennachfrage in China nach Aufhebung der Null-Covid-Strategie.
In Japan wird sich das Wachstum aufgrund der nachlassenden Exportnachfrage der westlichen Handelspartner und des schwächeren Yen, der die Importe verteuert, voraussichtlich ebenfalls abschwächen. Ein höheres Wachstum in China, geringere Engpässe bei Halbleitern für die japanische Automobilindustrie und der weiterhin akkomodierende Kurs der japanischen Geldpolitik stützen die japanische Konjunktur hingegen. Wir erwarten daher insgesamt nur einen geringfügigen Rückgang des Wachstums (2023: +1,0 %, 2022: +1,2 %).
In Südamerika schwächt sich das Wachstum im Jahr 2023 voraussichtlich erheblich ab. In Brasilien wird der private Konsum nicht mehr wie im Vorjahr durch fiskalische Maßnahmen gestützt werden können. Angesichts der insgesamt schwachen Weltkonjunktur sind auch von der Exportnachfrage keine starken zusätzlichen Impulse zu erwarten. In Argentinien leidet die Wirtschaft unter sehr hohen und weiter steigenden Inflationsraten, darüber hinaus ist der Spielraum für zusätzliche Staatsausgaben durch das Schulden-Restrukturierungsprogramm stark eingeschränkt. Die weltwirtschaftliche Abschwächung wird auch die Rohstoffpreise unter Druck setzen. Südamerika kann 2023 voraussichtlich nicht mehr von deutlich steigenden Exportpreisen für Industrie- und Agrarrohstoffe profitieren. Insgesamt erwarten wir für die Region ein Wachstum des BIP von 0,8 % im Jahr 2023 (2022: +3,7 %).
1 Unsere Annahmen berücksichtigen aktuelle Einschätzungen externer Institutionen; dazu zählen Wirtschaftsforschungsinstitute, Banken, multinationale Organisationen und Beratungsunternehmen.