BASF-Bericht 2023

Brief des Vorstandsvorsitzenden

Sehr geehrte Aktionärin, sehr geehrter Aktionär,

bei BASF sind wir es gewohnt, mit Druck umzugehen. Und das nicht nur in unseren Anlagen. Das Jahr 2023 forderte wieder einmal unsere ganze Kraft, denn die gesamte Chemiebranche ist im Umbruch. Unsere Märkte, unsere Wettbewerber und die Bedürfnisse unserer Kunden wandeln sich rasant. Geopolitische Konflikte, eine schwache Konjunktur und hohe Zinsen durch eine anhaltende Inflation prägen weiterhin das weltweite Geschehen. Ein strukturell höheres Energiepreisniveau, eine ausgeprägte Wachstumsschwäche und Überregulierung in Europa fordern besonders die Wettbewerbsfähigkeit lokaler europäischer Produzenten heraus. Dieses herausfordernde Umfeld verlangt uns alles ab und spiegelt sich in unseren Zahlen wider.

Aber wir nehmen diese Herausforderungen an. Wir ergreifen Maßnahmen zur Erhaltung unserer Wettbewerbsfähigkeit, vor allem in Deutschland. Wir wollen weltweit profitabel wachsen und klimaneutral werden. Dafür haben wir im Jahr 2023 hart gearbeitet. Ich bin überzeugt: All das wird uns gelingen, denn wir sind ein starkes Unternehmen. Wir haben den Willen zur Veränderung, einen konkreten Plan und setzen diesen konsequent um. Auch aus diesen schwierigen Zeiten werden wir gestärkt hervorgehen, so wie wir es schon mehrfach in unserer 158-jährigen Geschichte gezeigt haben.

Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und Profitabilität fest im Blick

BASF liefert Produkte und Dienstleistungen an rund 78.000 Kunden aus den verschiedensten Branchen in nahezu alle Länder der Welt. Wir wollen diese Beziehungen weiter stärken und neue Kunden dazugewinnen. Für unsere Geschäftsbereiche Battery Materials, Coatings und Agricultural Solutions hat sich das Umfeld in den vergangenen Jahren stark verändert. Unsere Wettbewerber in diesen Geschäften drängen fokussierter in den Markt und fordern uns damit immer stärker heraus. Gleichzeitig sind diese Geschäftsbereiche nicht so tief in den BASF-Verbund integriert. Deshalb geben wir ihnen künftig mehr Freiräume. Sie können ihre Geschäftsmodelle und Prozesse dadurch noch stärker auf die Bedürfnisse ihrer Kunden anpassen und noch erfolgreicher am Markt agieren. Trotz dieser Veränderungen bleibt BASF ein integriertes Unternehmen mit einem breiten Portfolio. Gerade in einem Jahr wie 2023 hat sich diese Aufstellung erneut bewährt. So haben die Unternehmensbereiche Coatings und Agricultural Solutions Rekordergebnisse eingefahren – und schwache Ergebnisse in anderen Segmenten teilweise ausgeglichen.

Wir haben den Willen zur Veränderung und einen konkreten Plan.

Insbesondere in Deutschland arbeiten wir konsequent an unserer Wettbewerbsfähigkeit und Profitabilität. Wir senken unsere Kosten, unter anderem durch die Anpassung unserer Produktionsstrukturen. Wir haben früh gehandelt, dürfen hier aber keinesfalls nachlassen. Speziell unseren Standort in Ludwigshafen müssen wir angesichts des extrem schwierigen Marktumfelds und der strukturellen Herausforderungen durch gezielte Maßnahmen in die Zukunft bringen. Eine schwache Nachfrage im Vergleich zu anderen Regionen, hohe Energiepreise und immer umfassendere regulatorische Anforderungen werden uns auch in Zukunft hier alles abverlangen. Deshalb verändern wir uns, wo es sein muss. Wir bauen um, wo es uns besser macht. Wir investieren aber auch, wo wir Chancen sehen.

Ausrichtung auf Zukunftsbranchen und Wachstumsmärkte

Unsere Strategie ist es, vor Ort für lokale Märkte zu produzieren. Wir wollen nah an unseren Kunden sein und legen unseren Fokus auf innovationsgetriebene Wachstumsfelder. In Schwarzheide haben wir im Jahr 2023 Europas erstes gemeinsames Zentrum für Batteriematerialproduktion und Batterierecycling eröffnet. Wir sind der erste globale Hersteller für Batteriematerialien mit Produktion in allen drei Kernmärkten: in Europa, in den USA und in Asien. In Geismar/Louisiana ist die Erweiterung unserer MDI-Anlage weit fortgeschritten. Damit bedienen wir die wachsende Nachfrage nordamerikanischer Kunden unter anderem aus der Bau-, Automobil- und Möbelindustrie. Und unser neuer Verbundstandort im chinesischen Zhanjiang entsteht in beeindruckendem Tempo auf einer Fläche von 550 Fußballfeldern. Wir liegen hier voll im Zeitplan und Budget.

Wir bauen um, wo es uns besser macht, und investieren, wo wir Chancen sehen.

Wie bereits 2018 beschlossen, werden wir uns vom Öl- und-Gas-Geschäft trennen. Ende 2023 haben BASF, LetterOne und Harbour Energy eine Vereinbarung für einen vorteilhaften Zusammenschluss der Geschäfte von Wintershall Dea und Harbour Energy unterzeichnet. Das Explorations- und Produktionsgeschäft – ausgenommen die Aktivitäten mit Russland-Bezug – soll im vierten Quartal 2024 an die börsennotierte Harbour Energy übertragen werden.

Vorreiter auf dem Weg zur Klimaneutralität

Bis 2050 streben wir Netto-Null-CO2-Emissionen für unsere Produktion (Scope 1) und unseren Energieeinkauf (Scope 2) an. Wir stehen trotz wirtschaftlich schwieriger Zeiten fest zu diesem großen Ziel. Es begeistert mich und ich bin stolz darauf, wie das gesamte BASF-Team dafür an einem Strang zieht. Wir verändern, wie wir produzieren. Mit neuen strombasierten Technologien wie etwa dem weltweit ersten elektrisch beheizten Steamcracker-Ofen testen wir, was möglich ist. Wir stellen unsere Energieversorgung von grau auf grün um. Ob durch Windpark-Beteiligungen, Solarparks oder Grünstrom-Verträge – bereits heute decken wir unseren Strombedarf zu 20 % aus erneuerbaren Quellen. Bis 2030 soll der Anteil weltweit auf mindestens 60 % erhöht werden, und das bei steigendem Strombedarf. Und auch diesem Ziel kommen wir immer näher. Den Offshore-Windpark Hollandse Kust Zuid in der niederländischen Nordsee haben wir 2023 offiziell eingeweiht. Das ist ein riesiger Erfolg! Und wir haben bereits die Weichen für zwei weitere große Windparks gestellt: in der deutschen Nordsee und in China vor der Küste von Zhanjiang.

Es begeistert mich, wie das gesamte BASF-Team an einem Strang zieht.

Wir haben uns auch zur Senkung der Treibhausgasemissionen durch zugekaufte Rohstoffe von unseren Lieferanten verpflichtet. Bis 2030 sollen unsere spezifischen Scope–3.1-Emissionen um 15 % im Vergleich zum Jahr 2022 sinken. Künftig wollen wir von unseren Zulieferern Rohstoffe beziehen, die einen geringeren CO2-Fußabdruck haben als heute.

Und wir bauen unser Portfolio an sogenannten Low-Carbon-Produkten stetig aus. Hierzu gehört auch, dass wir die Kreislaufwirtschaft weiter vorantreiben. Mit loopamid® hat BASF Anfang 2024 eine Lösung für mehr Zirkularität in der Textilindustrie auf den Markt gebracht. Textiler Abfall wird als wertvoller Rohstoff für die Produktion von Polyamid 6 weiter genutzt. Mit dieser Idee treffen wir den Nerv unserer Kunden: Der Modehersteller Zara hat kürzlich eine Jacke vorgestellt, die vollständig aus recyceltem Polyamid besteht, vom Stoff über das Futter bis hin zu Klett- und Reißverschluss. Dank loopamid® ist das Kleidungsstück auch zu 100 % recycelbar. Das ist eine großartige Leistung!

Rahmenbedingungen bleiben schwierig

All diese Erfolge dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass 2023 wirtschaftlich ein hartes Jahr für BASF war. Bei Umsatz und Ergebnis der Betriebstätigkeit (EBIT) vor Sondereinflüssen haben wir unsere Ziele und die Erwartungen der Analysten nicht erreicht. Unser Umsatz lag im Jahr 2023 bei 68,9 Milliarden € (2022: 87,3 Milliarden €), ein Minus von rund 21 % gegenüber dem Vorjahr. Ausschlaggebend für die rückläufige Umsatzentwicklung waren deutlich niedrigere Preise und Mengen, Währungseinflüsse wirkten ebenfalls umsatzmindernd. Das EBIT vor Sondereinflüssen sank auf 3,8 Milliarden € (2022: 6,9 Milliarden €). Der Rückgang um fast 45 % gegenüber dem Vorjahr resultierte aus umsatz­bedingt niedrigeren Margen. Diese konnten durch den erarbeiteten Fixkosten­abbau nicht kompensiert werden.

Der Blick auf unsere Zahlen zeigt aber auch: Wir arbeiten wirkungsvoll an unserer Kostenbasis. Wir haben unsere Lagerbestände deutlich reduziert und einen starken Cashflow aus betrieblicher Tätigkeit erzielt. BASF verfügt damit weiterhin über eine hohe Eigenkapitalquote und eine starke Bilanz. All das sind gute Nachrichten für Sie, liebe Aktionärinnen und Aktionäre. Es ist unser Ziel, die Dividende pro Aktie jährlich zu erhöhen oder zumindest auf dem Niveau des Vorjahres zu halten. Der Hauptversammlung soll daher im April 2024 eine Dividende in Höhe von 3,40 € je Aktie und somit auf Vorjahresniveau vorgeschlagen werden. Auf Basis des Jahresschlusskurses 2023 von 48,78 € bietet die BASF-Aktie eine hohe Dividendenrendite von 7,0 %.

BASF verfügt weiterhin über eine hohe Eigenkapitalquote und eine starke Bilanz.

Im Jahr 2024 werden die Rahmenbedingungen schwierig bleiben. Wir erwarten, dass sich die Schwäche der weltwirtschaftlichen Dynamik aus dem Jahr 2023 im ersten Halbjahr 2024 noch fortsetzen wird. Das weltwirtschaftliche Wachstum wird sich voraussichtlich erst im Laufe des Jahres etwas beschleunigen.

Veränderung zum Positiven – das geht nur gemeinsam

Für die Chemieindustrie bleibt Europa auch künftig der herausforderndste Markt – geprägt durch ein geringes Wachstum und strukturell höhere Energiepreise verglichen mit anderen Regionen. Hinzu kommen immer umfassendere regulatorische Anforderungen, die uns und großen Teilen unserer Kundenindustrien die Luft zum Atmen nehmen. Trotzdem bleibe ich Optimist! Die Erhaltung und Stärkung unserer industriellen Basis in Europa wird mit einer breiten Veränderungsbereitschaft von Gesellschaft, Wirtschaft und Politik gelingen. Wir brauchen dafür aber einen neuen regulatorischen Rahmen, der Innovationen für den Klimaschutz fördert, die internationale Wettbewerbsfähigkeit neuer Verfahren ermöglicht und den Ausbau erneuerbarer Energien zu wettbewerbsfähigen Preisen beschleunigt. Wir brauchen einen Industrial Deal, der wieder mehr Unternehmertum, Kreativität und profitables Wachstum für die Chemieindustrie und unsere Kundenindustrien in Europa ermöglicht.

Unsere Kolleginnen und Kollegen denken Chemie neu, jeden Tag.

Chemie ist unsere Leidenschaft bei BASF. An jedem Standort auf der Welt sind unsere Kolleginnen und Kollegen engagiert und kreativ bei der Sache. Sie denken Chemie neu, jeden Tag. Wie die drei jungen Mitarbeitenden auf dem Titelbild dieses Berichts. Auch ich bin 1988 als junger Mensch in die BASF eingetreten und habe unser Unternehmen in verschiedenen Funktionen mitgestalten dürfen – in den vergangenen sechs Jahren als Vorstandsvorsitzender. Nach 36 Jahren BASF übergebe ich den Vorstandsvorsitz nach der Haupt­versammlung am 25. April 2024 an Markus Kamieth. Ich bin mir sicher: Das Unternehmen ist bei ihm und dem neuen Vorstandsteam in besten Händen. Es war mir eine Ehre, mich über meine gesamte berufliche Laufbahn hinweg mit aller Kraft und Leidenschaft für das Wohl und die Zukunft unserer BASF einzusetzen. Ich bin stolz auf das, was wir in dieser nicht immer einfachen Zeit gemeinsam verändert und erreicht haben. Ich danke dem gesamten BASF-Team von Herzen für seine Tatkraft, Ausdauer und Motivation. Ihnen, liebe Aktionärinnen und Aktionäre, danke ich für Ihr Vertrauen.

Ihr

Martin Brudermüller

Steamcracker
Steamcracker sind Anlagen, in denen mithilfe von Dampf (Englisch: steam) Naphtha (Rohbenzin) oder Erdgas aufgespaltet (Englisch: to crack) wird. Die entstehenden Petrochemikalien sind Ausgangsprodukte für die Herstellung eines Großteils der Erzeugnisse von BASF.

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