Wirtschaftliche Rahmenbedingungen 2024 1
Auf einen Blick
- Weiterhin nur schwaches Wachstum in Europa
- Geringeres Wachstum in Nordamerika und Asien
- Seitwärtsbewegung der Chemieproduktion in Europa und USA
- Weiteres Wachstum der Chemieproduktion in Asien
Die wirtschaftliche Dynamik hat sich zum Jahresende 2023 abgeschwächt. Wir gehen davon aus, dass sich diese Schwächephase in der ersten Jahreshälfte 2024 fortsetzt und sich das Wachstum erst im weiteren Laufe des Jahres etwas beschleunigt. Auf Jahressicht wird das gesamtwirtschaftliche Wachstum in der EU voraussichtlich auf niedrigem Niveau bleiben. Für Nordamerika und Asien gehen wir dagegen von einer Verlangsamung im Jahresdurchschnitt aus.
Die Unsicherheiten über die weitere Entwicklung bleiben hoch. Einerseits nimmt die Kaufkraft der privaten Haushalte aufgrund von Lohnsteigerungen in den bislang widerstandsfähigen Arbeitsmärkten Nordwesteuropas und der USA tendenziell zu. Andererseits bleiben die Zinsen voraussichtlich hoch, obwohl die Inflationsraten in den USA und Europa sinken. Dies belastet das Wachstum der Ausrüstungs- und Bauinvestitionen und dämpft die Ausgabenspielräume der privaten Haushalte für zinssensitive Konsumgüter. Die Erholung in China ist außerordentlich volatil, vor allem im Hinblick auf die Stabilität des Immobiliensektors und die Entwicklung des Arbeitsmarktes. Die geopolitische Situation bleibt angespannt, insbesondere im Hinblick auf die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten. Wir unterstellen in unserer Prognose, dass diese Konflikte im Jahr 2024 nicht weiter eskalieren, gehen aber auch nicht von einer grundlegenden positiven Wende aus.
Entwicklung der Weltwirtschaft im Jahr 2024
Für die Europäische Union (EU) gehen wir von einem weitgehend unveränderten Wachstum des BIP aus (2024: +0,8 %, 2023: +0,5 %). Da sich die Aufholeffekte im Tourismus abschwächen und die Güternachfrage stabilisieren sollte, gehen wir von einer stärkeren Konvergenz der Wachstumsraten in Westeuropa aus. Während Deutschland nach dem leichten Rückgang des BIP im Jahr 2024 wieder um 0,3 % (2023: –0,1 %) wachsen sollte, erwarten wir größtenteils unverändertes Wachstum in Frankreich (+0,8 %) und Italien (+0,5 %). In Spanien dürfte sich die Konjunktur dagegen abkühlen (2024: +1,4 %, 2023: +2,5 %). In den osteuropäischen EU-Ländern wird sich das Wachstum des BIP voraussichtlich etwas beschleunigen, da die hohen Inflationsraten und Zinsen merklich sinken sollten (2024: +2,1 %, 2023: +0,5 %).
Im Vereinigten Königreich gehen wir von einem anhaltend schwachen Wachstum (2024: +0,4 %, 2023: +0,5 %) aus, da sich das höhere Zinsniveau zunehmend in den Hypothekenzinsen der privaten Haushalte niederschlägt. Angesichts der hohen Wohneigentumsquote und kürzerer Zinsbindungsfristen ist dieser Effekt im Vereinigten Königreich tendenziell stärker als in anderen europäischen Ländern.
Für die USA erwarten wir nach dem starken Wachstum des Jahres 2023 (+2,5 %) eine Verlangsamung (2024: +1,8 %). Auch hier wird das anhaltend hohe Zinsniveau das Wachstum des privaten Verbrauchs sowie der Ausrüstungs- und Bauinvestitionen verlangsamen. Darüber hinaus kann der Abbau von Ersparnissen, die während der Corona-Krise angesammelt wurden, den Konsum immer weniger stützen. Die Stundung der Rückzahlung von Studienkrediten, die in der Corona-Pandemie eingeführt wurde, endete im Herbst 2023 und belastet die Budgets der privaten Haushalte nun zusätzlich.
In China gehen wir von einer Fortsetzung der wirtschaftlichen Erholung aus. Aufgrund der höheren Ausgangsbasis wird sich das Wachstum im Jahr 2024 aber gegenüber dem Vorjahr abschwächen (2024: +4,5 %, 2023: +5,2 %). Das internationale konjunkturelle Umfeld bleibt schwach, von den Exporten sind daher insgesamt keine starken Wachstumsimpulse zu erwarten. Die Binnennachfrage wird weiterhin durch die Krise im Immobiliensektor und knappe öffentliche Budgets auf Ebene der Provinzen belastet. Der Konsum der privaten Haushalte wird in diesem Umfeld voraussichtlich nur moderat wachsen.
In den anderen asiatischen Schwellenländern erwarten wir insgesamt ein stabiles Wachstum (2024: +4,9 %, 2023: +4,7 %) vor dem Hintergrund einer konstant wachsenden Binnennachfrage und der allmählichen Erholung der Exportnachfrage aus China. In Indien wird sich die Wachstumsdynamik voraussichtlich geringfügig verlangsamen, im Wesentlichen aufgrund einer Abschwächung des Wachstums der Investitionen in einem Umfeld höherer Zinsen (2024: +6,2 %, 2023: +6,5 %).
In Japan (2024: +0,8 %, 2023: +1,8 %) erwarten wir ein schwächeres Wachstum, da die Exporte nach Auslaufen der Wiederaufholeffekte in der Automobilindustrie langsamer zunehmen und die Importpreise für Rohstoffe und Vorprodukte durch den schwächeren Yen gestiegen sind. Die Wachstumsrate des privaten Konsums sollte dagegen stabil bleiben, da die Realeinkommen moderat steigen.
In Südamerika wird sich das Wachstum im Jahr 2024 voraussichtlich abschwächen (2024: +1,0 %, 2023: +1,4 %). Gestützt wird das Wachstum in der Region durch die in den meisten Ländern rückläufigen Inflationsraten und die in vielen Ländern bereits sinkenden Zinsen. Gegenläufig wirken engere fiskalische Handlungsspielräume. Vor allem in Argentinien sind weitere Konsolidierungsmaßnahmen erforderlich, um die Hyperinflation zu bekämpfen und die Währung zu stabilisieren sowie die Staatsfinanzen zu restrukturieren.
1 Unsere Annahmen berücksichtigen aktuelle Einschätzungen externer Institutionen; dazu zählen Wirtschaftsforschungsinstitute, Banken, multinationale Organisationen und Beratungsunternehmen.